Schweizer Justiz Haftbefehl gegen deutsche Steuerfahnder

Berlin/Düsseldorf · Die Auseinandersetzung mit der Schweiz um die Daten deutscher Steuerflüchtlinge spitzt sich zu. Die Schweiz erließ Haftbefehl gegen drei Fahnder aus NRW. Die Landesregierung hilft den Beamten. Schäuble zeigt Verständnis für die Schweiz.

Die Schweizer Justiz hat Haftbefehle gegen drei nordrhein-westfälische Steuerfahnder wegen deren Ermittlungen gegen Steuerflüchtlinge erlassen. Die Finanzbeamten sollen im Februar 2010 am Ankauf einer CD mit Daten deutscher Kunden der Schweizer Großbank Credit Suisse beteiligt gewesen sein. Ihnen wird "nachrichtliche Wirtschaftsspionage" vorgeworfen.

Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft bestätigte, die Schweiz habe die deutschen Behörden um Rechtshilfe ersucht.

Das Vorgehen der Schweizer löste in der NRW-Landesregierung Empörung aus. "Die NRW-Steuerfahnder haben nur ihre Pflicht getan, deutsche Steuerbetrüger zu jagen, die ihr Schwarzgeld auf Schweizer Bankkonten geschafft haben", sagte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) der "Bild am Sonntag".

Verhaftung bei Einreisein die Schweiz

"Die betroffenen Beamten bekommen jede Unterstützung des Finanzministeriums und der Finanzbehörden", sagte die Sprecherin des NRW-Finanzministeriums Ingrid Herden am Samstag der dpa. Die Schweiz beschuldigt die drei Steuerfahnder der Beihilfe zur Wirtschaftsspionage und des Verstoßes gegen das Bankgeheimnis.
Bei einer Einreise in die Schweiz riskieren sie nun eine Verhaftung.

Kraft kritisierte die Haftbefehle als "ungeheuerlichen Vorgang".
"Wir verwahren uns als Land Nordrhein-Westfalen davor, dass unsere Mitarbeiter in ein kriminelles Licht gerückt werden", sagte sie der Zeitung.

Auch Gabriel verurteilte das Vorgehen. Die Schweiz gehe gegen Beamte aus NRW mit Haftbefehl dafür vor, dass sie Straftäter suchten, sagte Gabriel am Samstag beim SPD-Landesparteitag in Düsseldorf. "Wer sein Geld am Finanzamt vorbei in die Schweiz schickt, handelt nicht nur asozial, sondern ist Straftäter in Deutschland."

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin äußerte sich ähnlich kritisch und bezeichnete den Vorgang als "bodenlosen Skandal". Offensichtlich wolle die Schweiz im Kampf gegen Steuerhinterziehung "nicht mit Rechtsstaaten kooperieren", erklärte er und forderte, die Haftbefehle "aus der Welt" zu schaffen. Trittin sagte, die Haftbefehle müssten "Auswirkungen auf die Verhandlungen" über das Steuerabkommen haben.

Schweiz verteidigt Haftbefehle

Die Schweizer Justiz hält an den Haftbefehlen fest und verteidigt diese. "Es besteht der konkrete Verdacht, dass aus Deutschland klare Aufträge gegeben worden sind zum Ausspionieren von Informationen der Credit Suisse", sagte der Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber am Samstag im Schweizer Radio DRS.

Schäuble zeigt Verständnis

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält die Ausstellung der Haftbefehle gegen deutsche Steuerfahnder für nachvollziehbar. "Die Schweiz hat ihr Strafrecht und in der Schweiz ist die Verletzung des Bankgeheimnisses mit Strafe bedroht", sagte er nach einem Treffen mit EU-Ressortkollegen am Samstag in Kopenhagen.

Kritik an Steuerabkommen mit der Schweiz

Zudem erklärte Schäuble, das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz sei durch die Haftbefehle "gar nicht" betroffen. Er wies darauf hin, dass sich bei der Verabschiedung des Abkommens derartige Vorfälle vermeiden ließen. Denn darin werde geregelt, dass die Schweiz Deutsche nicht mehr wegen des Ankaufs von Datensammlungen strafrechtlich verfolge.

Sowohl Kraft als auch Gabriel kritisierten das geplante Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz: "Es gibt nach wie vor zu große Schlupflöcher für deutsche Steuerbetrüger. Das ist den ehrlichen Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelbar", sagte Kraft.

Von 2013 an sollen Erträge deutscher Anleger in der Schweiz mindestens genau so hoch besteuert werden wie in Deutschland. Schätzungen zufolge sollen deutsche Anleger zwischen 130 und 180 Milliarden Euro illegal in das Alpenland geschleust haben. Die von SPD und Grünen geführten Länder lehnen das Abkommen zur Besteuerung des Milliarden-Vermögens auch nach Zugeständnissen der Schweiz ab.

(AFP/dpa)
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