Aktienmärkte stürzen ab Griechenland rutscht auf "Ramsch-Status"

London (RPO). Die Krise des von der Pleite bedrohten EU-Staates Griechenland nimmt immer dramatischere Ausmaße an. Dienstag stufte die renommierte, internationale Finanzagentur Standard & Poor die Kreditwürdigkeit Griechenlands auf "Junk" herab, frei übersetzt "Müll". Damit kann der völlig überschuldete Mittelmeer-Staat an den Kapitalmärkten kein Geld mehr bekommen. Der Deutsche Aktienindex Dax brach um fast drei Prozent ein. Auch an der US-Börse gingen die Kurse in den Keller.

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Foto: AFP

"Diese Herabstufung stoppt bei institutionellen Anlegern automatisch alle Zahlungen", sagt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim. Allein der Staat Griechenland hat laut Internationaler Bank für Zahlungsausgleich im Ausland Schulden von 240 Milliarden Euro.

Insgesamt stehen die Griechen mit 300 Milliarden Euro in der Kreide. Die Hellenen brauchen dringend frisches Geld, um eine am 19. Mai auslaufende Anleihe in Höhe von 8,4 Milliarden Euro neu zu platzieren. Analysten schätzen, dass Griechenlands Verschuldung 2011 auf 131 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung (BIP) steigt, ein Rekordwert in Europa.

Zwar kann Griechenland aus dem Etat laufende Verpflichtungen, etwa für die Infrastruktur und die öffentliche Sicherheit, bezahlen und theoretisch neue Steuern oder Abgaben einführen. Wie lange ein solch "autarker" Staat überlebt, ist aber unklar. Hinzu kommt, dass Tausende Griechen aus Protest gegen die Sparmaßnahmen der Regierung das Land derzeit mit Streiks lahmlegen.

Deutsche Politik schockiert

Die deutsche Politik reagiert entsetzt. "Diese Entwicklung ist eine gefährliche Situation, deshalb muss man jetzt die richtigen Weichen stellen. Es ist ernst", sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) unserer Redaktion am Rande einer Brasilienreise.

Das Land müsse "schnell, glaubhaft und überzeugend" darstellen, wie es sein Defizit reduzieren und seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern wolle. Experten rechnen damit, dass das Ende März verabredete Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Euro-Länder größer ausfallen muss als geplant. Bisher sind Notkredite in Höhe von 45 Milliarden Euro vorgesehen. Deutschland soll für Kredite in einem Volumen von 8,4 Milliarden Euro bürgen.

Merkel und Schäuble wollen zügig handeln

Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) wollen das Hilfspaket nun zügig umsetzen. Es müsse jetzt darum gehen, "das Hilfspaket, das wir am 11. April in der Eurogruppe formuliert haben, zu konkretisieren und in dieser Form umzusetzen und damit ein klares Signal zu senden, dass wir Griechenland nicht fallen lassen", sagte Schäuble am Dienstag.

Im Anschluss an die heutige Kabinettssitzung will Merkel ein Krisengespräch mit Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) und Schäuble zum Vorgehen in der Griechenland-Frage führen. Kommende Woche soll ein Eilgesetz zur Nothilfe im Bundestag verabschiedet werden. Die SPD sperrt sich.

Rüttgers will Steuerzahler schützen

Derweil ist in der Politik ein Streit darüber entbrannt, ob die Banken sich an den Finanzhilfen für Griechenland beteiligen sollen. SPD-Politiker, aber auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) forderten einen Beitrag der Finanzinstitute, die teilweise an den Spekulationen gegen Griechenland mitverdient hätten.

"Wir brauchen eine Antwort auf die Frage, wie sich die betroffenen Banken an den Kosten der Rettungsaktion beteiligen. Das kann nicht allein auf Kosten der Steuerzahler geschehen", sagte NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) unserer Redaktion.

Merkel und Schäuble lehnen das ab. Sie fürchten, dass Investoren üppige Risikoaufschläge für Staatsanleihen anderer Defizit-Staaten, etwa Portugal und Großbritannien, verlangen und so die Krise noch verschärfen.

(RP)
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