Nach Facebook-Flop Geplante Internet-Börsengänge wackeln

New York · Das Börsendebakel von Facebook verschreckt bereits andere Börsen-Aspiranten. Die Internet-Firmen wollen ein ähnliches Desaster wie beim weltgrößten Online-Netzwerk vermeiden.

Facebook: Die Gewinner vom Rekord-Börsengang
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Foto: afp, ROBYN BECK

Facebook-Anleger der ersten Stunde haben mittlerweile mehr als ein Viertel ihres Einsatzes verloren. Die Aktie verlor zu Beginn des Handels am Donnerstag weitere mehr als zwei Prozent auf rund 27,50 Dollar. Das waren über zehn Dollar weniger als der Ausgabepreis von 38 Dollar beim Börsengang.

Angesichts des dramatischen Preisverfalls verschob die amerikanische Reisesuchmaschine Kayak nach Informationen des "Wall Street Journal" und der "New York Times" ihre für diese Woche erwartete "Roadshow" auf unbestimmte Zeit. Bei der "Roadshow" stellt das Management den potenziellen Investoren ihr Unternehmen vor. Kayak wolle jetzt erst einmal den Appetit der Anleger auf Internet-Aktien prüfen, hieß es unter Berufung auf informierte Personen.

Bereits Anfang der Woche hatte der Gründer des russischen Facebook-Nachahmers Vkontakte erklärt, sein Unternehmen plane bis auf weiteres keinen Börsengang mehr. Der Facebook-Flop habe die Investoren abgeschreckt, sagte Pawel Durow.

Tiefpunkt unter 28 Dollar

Die Facebook-Aktie hatte am Mittwoch einen neuen Tiefpunkt erreicht. Das Papier war im Handelsverlauf auf bis zu 27,86 Dollar abgesackt. Letztlich ging die Aktie mit 28,19 Dollar aus dem New Yorker Handel und verlor damit gut zwei Prozent im Vergleich zum Vortag. Am Donnerstag lag die Aktie vorbörslich leicht im Plus. Jedoch hatte auch der Mittwoch vielversprechend angefangen, dann ging es erneut scharf abwärts.

Ein Grund für das weitere Abschmelzen dürfte gewesen sein, dass sich die US-Wettbewerbsbehörde FTC den Kauf des Bilderdienstes Instagram durch Facebook im Detail anschaut. Der Abschluss des Geschäfts dürfte dadurch verzögert werden, was in der schnelllebigen Internetwelt zum Problem werden kann.

Facebook hatte den Kauf eigentlich bis Ende Juni abschließen wollen; zuletzt sprach das Unternehmen nur noch von einem Abschluss in diesem Jahr. Je länger die Übernahme sich hinauszögert, desto schlechter sieht der Deal im Moment auch für die bisherigen Instagram-Eigner: Ein Teil des ursprünglich auf eine Milliarde Dollar veranschlagten Kaufpreises wird in Aktien beglichen.

Kayak wird bei den Börsenplänen ebenso wie Facebook federführend von der Investmentbank Morgan Stanley unterstützt. Den Bankern wird eine deutliche Mitschuld an Facebooks verpatztem Börsengang vorgeworfen: Sie hätten sich bei der Nachfrage verschätzt und deshalb sei der Preis zu hoch angesetzt worden. Von Anfang an gab es Kritiker, die den mit 104 Milliarden Dollar angesetzten Wert des Sozialen Netwerks für übertrieben hielten.

Der Chef des beruflichen Online-Netzwerks LinkedIn, Jeff Weiner, rief die Anleger auf, langfristiger zu denken und weniger auf tagesaktuelle Kursschwankungen zu achten. "Jeder weiß, wie das Wetter am Tag seiner Hochzeit war, aber das spielt keine Rolle für den Erfolg der Ehe", sagte Weiner in einem Interview auf der Konferenz D10 des "Wall Street Journal"-Blogs "All Things Digital". Der Fokus müsse vielmehr auf dem eigentlichen Geschäft liegen.

Der Börsengang von LinkedIn vor gut einem Jahr - der seinerzeit als eine Art Generalprobe für Facebook galt - hat die Investoren deutlich zufriedener gemacht. Die Aktie kam zum Ausgabepreis von 45 Dollar auf den Markt und kostete schon am ersten Tag mehr als doppelt so viel. Noch Anfang Mai erreichte der Kurs fast 120 Dollar; nach dem Facebook-Debakel fiel er auf rund 100 Dollar zurück.

Ernüchterung kehrt ein

Insgesamt scheint im Silicon Valley Ernüchterung angesichts der zum Teil exorbitanten Bewertungen junger Internet-Startups einzukehren. So habe die große Internet-Investmentfirma Kleiner Perkins im ersten Quartal gar kein Geld in irgendwelche Unternehmen gesteckt, weil sie überteuert gewesen seien, sagte ihr Mitglied Mary Meeker, eine bekannt Netzwirtschafts-Expertin bei der D10-Konferenz.

Immerhin kann Facebook in einem Punkt aufatmen: Nach Informationen des "Wall Street Journal" haben die Finanzaufseher keine Regelverletzungen beim Handelsbeginn ausmachen können. Die Aktie war am 18 Mai mit einer halben Stunde Verzögerung gestartet, Aufträge wurden verschlampt, und Anleger erfuhren über Stunden nicht, ob sie das Papier gekauft hatten. Investoren haben wegen der Pannen gegen den Börsenbetreiber Nasdaq geklagt und verlangen Schadenersatz für erlittene Verluste.

Unabhängig davon gibt es zahlreiche Klagen gegen Facebook, die Alteigentümer um Mark Zuckerberg sowie gegen die beteiligten Banken. Anleger werfen ihnen vor, kurz vor dem Börsengang nur ausgesuchte Großkunden über das schwächer als erwartete Wachstum des Sozialen Netzwerks informiert zu haben. Kleinanleger und schlechter vernetzte institutionelle Investoren seien dagegen ins offene Messer gerannt.

(dpa)
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