Chef der Wirtschaftsweisen Franz: "Kein Anlass zur Panik"

Bonn/Mannheim · Der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Wolfgang Franz, mahnt zu Sachlichkeit bei der Bewertung der Konjunkturaussichten. Franz sagte, er rechne zwar im neuen Jahr mit einer deutlichen Abschwächung der Konjunktur in Deutschland. Dies gebe jedoch keinen "Anlass zur Panik".

2012: Damit rechnen die Branchen
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Foto: dapd, Mario Vedder

Der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim fügte hinzu: "Vor allem warne ich davor, eine Rezession herbei zu reden." Er rechne derzeit damit, dass sich der Rückgang der Arbeitslosigkeit "abschwächen" wird. Im Durchschnitt des Jahres 2012 erwartet Franz rund 2,9 Millionen Arbeitslose und rund 41 Millionen Erwerbstätige in Deutschland.

Optimistischer zeigte sich der Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn, Klaus Zimmermann. Er sagte in einem Interview, der Arbeitsmarkt bleibe trotz der Unsicherheiten durch die Euro-Krise "auf Wachstumskurs". Voraussetzung dafür sei, dass der private Konsum "weiterhin stabil bleibt".

Zimmermann hält Vollbeschäftigung für möglich

In diesem Fall hält Zimmermann "im Jahresdurchschnitt ein Absinken der offiziell gemeldeten Zahl der Arbeitslosen auf 2,7 Millionen für möglich". Er sieht zudem Deutschland mittelfristig auf dem Weg zur "Vollbeschäftigung".

Zimmermann sagte, die Zahl der Arbeitslosen könne ab 2015 "angesichts der jetzt massiv einsetzenden demografischen Entlastungen unter die Zwei-Millionen-Grenze rutschen". Aufgrund der Altersentwicklung werde zum Beispiel im Jahr 2012 das Arbeitskräfteangebot um rund eine Viertel Million Menschen abnehmen.

Zimmermann betonte, dieser Prozess werde "sich in den kommenden Jahren weiter forcieren". Insofern könne Deutschland "in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts Vollbeschäftigung erreichen, also eine Arbeitslosenquote bei vier Prozent". Der IZA-Direktor fügte hinzu: "Ich gebe aber zu, dieses Ziel ist ehrgeizig und setzt voraus, dass Politik und Tarifparteien daran aktiv arbeiten."

Konjunktur hängt von Euro-Krise ab

Franz sagte: "Auf jeden Fall steht und fällt die Konjunkturentwicklung im Jahr 2012 mit der Lösung der Schuldenkrise im Euro-Raum. Sollte diese wider Erwarten nicht gelingen und der Welthandel daraufhin stagnieren, müssten wir mit einer Wachstumsrate von minus 0,5 Prozent für 2012 rechnen." Gleichwohl gehe er "nach derzeitigem Stand der Dinge nicht davon aus, dass es soweit kommen wird und wir in eine markante Rezession schlittern".

Der Chef der sogenannten Wirtschaftsweisen betonte ferner: "Die vom Sachverständigenrat Anfang November prognostizierte Wachstumsrate von 0,9 Prozent bewegt sich wohl am oberen Rand einer optimistischen Variante, realistischer sind wohl eher 0,5 Prozent für 2012." Beide Werte bewegten sich "allerdings in einem Prognose-Unschärfebereich, der diesmal angesichts einiger beachtlicher Risiken größer ausfällt als sonst".

(APD)
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