„FinCEN-Files“ „US-Finanzsystem als Maschinenraum globaler Geldwäsche“

Berlin · 2100 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen mit einer Gesamtsumme der Transaktionen von rund zwei Billionen US-Dollar: Im Kampf gegen internationale Geldwäsche gibt es nach Recherchen eines internationalen Journalisten-Netzwerks nach wie vor erhebliche Defizite.

  Der Schriftzug "Dollar" ist auf mehreren Dollar-Scheinen (Symbolbild).

Der Schriftzug "Dollar" ist auf mehreren Dollar-Scheinen (Symbolbild).

Foto: dpa/Arno Burgi

Demnach offenbaren die am Sonntagabend bekannt gemachten Informationen aus einem Datenleck des US-Finanzministeriums, dass Banken aus aller Welt über Jahre hinweg Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt und trotz strenger Regularien mutmaßliche Kriminelle als Kunden akzeptiert und für diese Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt hätten. Gemeldet haben sie diese Vorgänge den Angaben zufolge mitunter nur sehr zögerlich und zum Teil mit jahrelanger Verspätung.

Dies ist das Ergebnis einer gemeinsamen Recherche mehrerer Medien-Partner, die unter dem Namen „FinCEN-Files“ veröffentlicht wurde.

Einige der weltgrößten Geldhäuser, darunter die Deutsche Bank, JP Morgan und die HSBC, hätten sogar dann noch Geschäfte mit zweifelhaften Kunden gemacht, nachdem sie in den USA bereits mangelhafte Präventionsmaßnahmen eingeräumt hatten oder wegen Geldwäsche-Verstößen sanktioniert worden waren. In zahlreichen Fällen unterliefen Banken dem Bericht zufolge dabei offenbar ihre eigenen Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche, etwa bei der Überprüfung von Neukunden.

Das Datenleak bringe auch die Deutsche Bank in Erklärungsnot, hieß es weiter. Nach Einschätzung von US-Ermittlern sollen demnach russische Kriminelle und ein für Terrorgruppen tätiger Geldwäscher unter anderem über die Moskauer Filiale der Deutschen Bank Geld gewaschen haben.

Das Finanzinstitut erklärte auf Anfrage von AFP am Sonntagabend, die "SZ" und ihre Recherchepartner hätten "über eine Reihe historischer Themen" berichtet, die, soweit sie die Deutsche Bank beträfen, den Aufsichtsbehörden bereits bekannt seien. Die Deutsche Bank und andere Bankhäuser hätten anerkanntermaßen bereits mit "Mängelbeseitigung" reagiert. "Wo nötig und angemessen, haben wir Konsequenzen gezogen", hieß es in der Stellungnahme weiter.

Das US-Onlinemedium Buzzfeed News hat die Unterlagen mit dem Journalisten-Netzwerk ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) geteilt und so eine Recherche von 110 Medien aus 88 Ländern ermöglicht. An der Recherche haben sich den Angaben zufolge 110 Medien aus 88 Ländern beteiligt, darunter in Deutschland NDR, WDR, „Süddeutsche Zeitung“ und Buzzfeed News. Insgesamt handelt es sich nach Angaben der beteiligten Medien bei den „FinCEN-Files“ um mehr als 2100 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen aus den Jahren 2000 bis 2017. Die Gesamtsumme der Transaktionen liege bei etwa zwei Billionen US-Dollar (aktuell 1,69 Billionen Euro).

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit, das seit Jahren Missstände im Kampf gegen internationale Geldwäsche aufzeigt, zeigte sich wenig überrascht über die offengelegten Defizite. Das Datenleck gebe aber „einen erschütternden Einblick in die zentrale Rolle des US-Finanzsystems als Maschinenraum globaler Geldwäsche“, sagte Markus Meinzer von dem Netzwerk der Deutschen Presse-Agentur. Aber auch in Deutschland liege noch Vieles im Argen.

(felt/dpa/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort