Euro-Krise FDP ignoriert Merkels Machtwort

Hamburg (RPO). Trotz der Appelle ihres Koalitionspartners will die FDP weiter über eine mögliche Insolvenz Griechenlands diskutieren. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte in einem Interview, die Menschen in Deutschland, die Finanzmärkte und die Griechen bräuchten langfristig Klarheit. Das lasse sich nicht durch ein Schweigegelübde erreichen. Unterdessen warf der Unions-Fraktionsvize Bosbach Kanzlerin Merkel indirekt Wortbruch vor.

FDP-Chef Porträt: Das ist Christian Lindner
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Christian Lindner – der Überflieger

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Foto: dpa/Focke Strangmann

Lindner beteuert in der "Financial Times Deutschland", die FDP wolle nicht die Insolvenz Griechenlands herbeireden. Der CDU-Hinweis auf die Kursverluste an den Börsen nach den Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zu einer möglichen Griechenlandpleite sei nur der Versuch, eine Debatte über einen nicht wünschenswerten, aber möglichen Zahlungsausfall zu unterbinden. Rösler habe nur Selbstverständlichkeiten ausgesprochen. "Ein Kurieren an den Symptomen bringt keine Ruhe in die Märkte", sagte Lindner.

Konsequenzen gefordert

Das Argument, eine Pleite Griechenlands könne andere Euro-Staaten wie Spanien oder Italien infizieren, ließ Lindner nicht gelten. Die aktuellen Rekordzinsen etwa für Italien seien ein gutes Instrument, um Regierungen zu disziplinieren. Im Fall der Griechen sei das Votum der Troika von EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank ausschlaggebend. "Wenn Griechenland die Bedingungen nicht erfüllt, muss das Konsequenzen haben", sagte Lindner.

Es sei richtig gewesen, dass die CSU und die FDP offen darüber gesprochen hätten, dass das Prinzip Leistung gegen Gegenleistung nicht durchbrechen werden könne. "Wenn die Griechen ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen können, dann wird es keine weitere europäische Nothilfe geben können", sagte Lindner am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk.

"Dann müssen wir entsprechende Instrumente haben, um mit einer solchen Situation umzugehen und Ansteckungsgefahren auf andere Volkswirtschaften zu reduzieren", fügte der FDP-Generalsekretär hinzu.

Trittin gegen Rösler

Kritik gab es dafür vom Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin. Er kritisierte insbesondere die Äußerungen von Wirtschaftsminister Rösler und forderte dessen Entlassung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe die Richtlinienkompetenz, sie müsse Rösler seines Amtes entbinden, sagte Trittin sagte der "Passauer Neuen Presse" (Mittwochsausgabe).

Bosbach wirft Merkel indirekt Wortbruch vor

Unterdessen hat Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach die CDU vor einem Wortbruch gewarnt. Er wolle, dass seine Partei bei dem bleibe, was sie bei der Einführung des Euro versprochen habe, sagte der CDU-Politiker am Dienstagabend im ZDF. "Es ging um die Einführung einer Währungsunion und nicht um eine Transferunion und schon gar nicht um eine Schuldenunion", ergänzte Bosbach. Die Politik müsse berechenbar bleiben. Und er wolle persönlich zu den Argumenten stehen, mit denen er einst für die Einführung des Euro geworben habe.

Eine Insolvenz Griechenlands wollte Bosbach nicht ausschließen. Allerdings sei sie nicht das politische Ziel. Die Antwort auf die hohen Schulden Griechenlands könne nicht lauten, "dass die Staatengemeinschaft auf Dauer haften oder zahlen muss". Es müsse die Eigenverantwortung der Länder gestärkt werden.

China investiert in Europa

Um Europa bei der Bewältigung der Krise zu helfen, ist China ist nach den Worten von Regierungschef Wen Jiabao weiter zu Investitionen bereit. Allerdings erwarte die Volksrepublik ein ernsthaftes Bemühen bei der Schuldenbekämpfung, sagte Wen am Mittwoch bei einem Wirtschaftsforum in der nordöstlichen Hafenstadt Dalian. "China ist sich sicher, das Europa seine Probleme lösen wird", betonte der Ministerpräsident.

Er machte trotz des prinzipiellen Vertrauensbekenntnisses klar, dass China sich um die rapide abnehmenden Fähigkeiten von hoch verschuldeten Ländern sorgt, die Probleme in den Griff zu bekommen. Einzelne Länder nannte Wen jedoch nicht.

Spekulationen über den Kauf italienischer Anleihen durch China hatten zuvor an den Finanzmärkten für Optimismus gesorgt. In Ministeriumskreisen hieß es jedoch, bei Gesprächen mit der aufstrebenden Wirtschaftsmacht sei es nicht um den Kauf von Staatsanleihen, sondern um Beteiligungen an der italienischen Industrie gegangen.

(apd/RTR/AFP)
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