Spitzengespräche in Brüssel Eurozone bereitet Schuldenschnitt vor
Brüssel (RPO). Griechenlands Schulden sind zu groß geworden. Auf dem Gipfel in Brüssel haben sich die Euroländer am Samstag darauf verständigt, dem Land einen beachtlichen Teil seiner Schulden zu erlassen. Die Rede ist nicht mehr wie bislang von 20 sondern bis zu 60 Prozent. Auch die Banken sollen bluten.
Eine "erhebliche Anhebung" des Bankenbeitrags für die Rettung der Hellenen sei verabredet worden, sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Wenn der griechische Schuldenstand bis 2020 auf 110 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung gedrückt werden sollte, wäre ein Forderungsverzicht von 60 Prozent notwendig, wie aus der Schuldenanalyse der Troika hervorgeht. Es klafft eine Finanzlücke von 252 Milliarden Euro - fast 150 Milliarden Euro mehr als noch im Juli berechnet. "Es ist offensichtlich, dass ein substanzieller Schuldenschnitt notwendig ist", sagte Schwedens Finanzminister Anders Borg.
Nach Angaben der Wiener Ressortchefin Maria Fekter wurden schon konkrete Mandate ausformuliert. Mit denen soll der Chef des EU-Wirtschafts- und Finanzausschusses, Vittorio Grilli, die Verhandlungen mit den Banken starten. Den Auftrag soll der EU-Gipfel am kommenden Mittwoch erteilen.
Nach Angaben aus Belgien müssen private Gläubiger voraussichtlich auf rund die Hälfte ihres Geldes verzichten. Der von Banken und Anlegern geforderte Nachlass werde eher bei 50 Prozent als bei den bisher vereinbarten 21 Prozent liegen, sagte der belgische Finanzminister Didier Reynders in einem am Samstag gesendeten Interview des TV-Senders France 24. "Wir müssen die Summe mindestens verdoppeln", sagte er. "Ich glaube, wir werden nicht sehr weit von einem Erlass der Hälfte der Schulden entfernt sein."
Singapur und Norwegen sollen helfen
Eine Einigung zeichnete sich auch im Streit über einen Hebel für den Rettungsfonds EFSF ab. Zwei Varianten waren am Samstag noch im Gespräch. Und eine davon sieht vor, Staatsfonds' von außerhalb des Währungsgebietes anzuzapfen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dapd am Rande des Finanzministertreffens. Staatsfonds' aus Singapur oder zum Beispiel aus Norwegen könnten dafür mit dem EFSF eine Zweckgesellschaft gründen. Das zusätzliche Geld könnte die Schlagkraft des EFSF erhöhen.
Variante zwei ist eine Versicherungslösung: Dabei werden die EFSF-Millliarden zur Absicherung neuer Staatsanleihen genutzt. Mit den Garantien der Europartner könne so ein Anleihenvolumen von mehr als einer Billion Euro "teilkaskoversichert" werden. Nach Diplomatenangaben könnten die beiden Modelle auch kombiniert werden. Den von Frankreich favorisierten Weg, dem EFSF eine Banklizenz zu verschaffen, damit er sich bei der Europäischen Zentralbank Liquidität besorgen kann, werde indes nicht länger verfolgt, hieß es.
Britischer Finanzminister kritisiert Euro-Zone
Der britische Finanzminister George Osborne übte beißende Kritik am Vorgehen der Euro-Partner: "Die Krise in der Euro-Zone bewirkt große Schäden in vielen europäischen Volkswirtschaften, darunter in Großbritannien", schimpfte er in Brüssel, und fügte hinzu: "Wir haben genug von kurzfristigen Maßnahmen, genug davon, Pflaster draufzukleben, die uns nur durch die nächsten paar Wochen bringen." Europa müsse die Ursachen für die Krise angehen. Gebraucht werde eine umfassende und dauerhafte Lösung für die Krise, damit das Wachstum in Europa wieder anspringen könne.