25 Jahre EZB Gemeinsame Notenbank, gemeinsame Ziele?

Frankfurt am Main · Finanzkrise, Schuldenkrise, Corona: Die Europäische Zentralbank hat ihre Handlungsfähigkeit bewiesen. 25 Jahre nach ihrer Gründung ringt die Notenbank nun um ihr zentrales Ziel: einen stabilen Euro.

Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB). Am 24. Mai findet ein Festakt anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Europäischen Zentralbank statt. Die EZB nahm am 1. Juni 1998 ihre Arbeit auf.

Das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB). Am 24. Mai findet ein Festakt anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Europäischen Zentralbank statt. Die EZB nahm am 1. Juni 1998 ihre Arbeit auf.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Vor neun Jahren lobte Christine Lagarde Zentralbanker als „Helden der Krise“. Heute ist die damalige IWF-Chefin als Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) selbst Krisenmanagerin. Die Notenbanker bewegen Milliarden und manchmal mit wenigen Worten Märkte. Im 25. Jahr ihres Bestehens ringt die EZB angesichts hartnäckig hoher Inflation um ihr ureigenstes Ziel: einen stabilen Euro für Millionen Menschen in inzwischen 20 Staaten.

Am Anfang stand ein typischer europäischer Kompromiss: Den Chefposten der neuen gemeinsamen Zentralbank mit Sitz in Frankfurt bekam im Sommer 1998 kein Vertreter aus Deutschland oder Frankreich, den beiden größten Volkswirtschaften des Euroraums, sondern der Niederländer Wim Duisenberg.

Abgesehen vom Gerangel um das Spitzenpersonal setzten die Europäer eines der bedeutendsten Projekte ihrer Wirtschaftsgeschichte fast etwas zu nüchtern um: „Am 25. Mai 1998 ernannten die Regierungen der elf teilnehmenden Mitgliedstaaten den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die vier weiteren Mitglieder des Direktoriums der EZB. Deren Ernennung erfolgte mit Wirkung zum 1. Juni 1998 und begründete die Errichtung der EZB.“

Schon EZB-Gründungspräsident Duisenberg ließ keinen Zweifel, worum es der neuen Behörde vor allem gehen muss: um das Vertrauen der Bürger, dass die Gemeinschaftswährung ebenso stabil ist wie zuvor D-Mark, Franc, Gulden und Co. „Der Euro ist ihre Währung, und sie sollten sich darauf verlassen können, dass er seinen Wert behält“, schrieb Duisenberg den unabhängigen Zentralbankern ins Stammbuch.

Ein schwieriges Unterfangen, wie die jüngere Vergangenheit zeigt: Im Oktober 2022 schnellte die Teuerungsrate im Euroraum auf den Rekordwert von 10,6 Prozent - meilenweit entfernt vom mittelfristigen Zwei-Prozent-Ziel der EZB. Mit einer Serie von Zinserhöhungen steuert die EZB gegen. Doch die vor allem von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen infolge des Ukraine-Krieges angeheizte Teuerung zeigt sich hartnäckig - und die Euro-Währungshüter mussten sich wiederholt kritisch fragen lassen, ob sie nach der Finanzkrise 2007/2008 nicht zu lange an ihrem Billiggeldkurs inklusive milliardenschwerer Staatsanleihenkäufe festgehalten haben.

Intern zu schaffen macht der Notenbank zudem ein Konstruktionsfehler der Währungsunion: Die Europäer führten eine gemeinsame Währung ein, ohne eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik zu haben. Die Heterogenität der Länder und damit auch der Interessen sei ein riesiges Problem für die gemeinsame Geldpolitik, sagte der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing im November 2021 im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Zwar sollten die nationalen Notenbankpräsidenten im EZB-Rat keine nationalen Interessen vertreten. „Aber wenn der Kauf von Staatsanleihen eine so dominante Rolle in der Politik der EZB spielt, dann ist es eben sehr schwierig, nationale Belange zurückzustellen“, ordnete Issing ein.

Vor allem aus Deutschland kam oft Kritik am Kurs der EZB. „Wenn die EZB so weitermacht, kauft sie bald auch alte Fahrräder auf und gibt dafür neues Papiergeld heraus“, ätzte beispielsweise im Sommer 2011 der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler. Immer wieder landeten Entscheidungen der EZB vor dem Bundesverfassungsgericht - während die Notenbank längst Fakten geschaffen hatte.

Wohl am eindrucksvollsten demonstrierte Lagardes Vorgänger Mario Draghi, wie groß der Einfluss der Notenbank ist. „Die EZB wird alles tun, um den Euro zu retten“, versprach der Italiener am 26. Juli 2012: „Whatever it takes.“ Das Machtwort des damaligen EZB-Präsidenten stabilisierte die Eurozone in der tiefsten Krise ihrer jungen Geschichte, als die Politik schnelle Entscheidungen vermissen ließ - das gestanden Draghi sogar seine Kritiker zu.

Ob Finanzkrise, Staatsschuldenkrise oder Corona-Pandemie: Die Krisenfeuerwehr EZB zeigte sich kreativ im Einsatz der Gegenmittel. Die Währungshüter tüftelten diverse Anleihenkaufprogramme aus (OMT, APP, PEPP), versorgten Banken mit Billigkrediten (TLTRO), senkten den Leitzins auf das Rekordtief von null Prozent und sorgten mit Negativzinsen auf Einlagen dafür, dass Banken über Strafzinsen klagten und Sparer sich enteignet fühlten.

Nun also der Kampf gegen die Inflation und die Sorgen vieler Menschen, ob das Geld für notwendige Ausgaben reicht. „Die Menschen können sich auf die EZB verlassen, die Inflation wird wieder sinken“, versicherte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel bereits im Herbst. „Wir werden unsere Aufgabe erfüllen und für stabile Preise sorgen.“

(jad/dpa)
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