Neue Debatte über Euro-Bonds Europäer setzen Merkel unter Druck

Rom/Berlin (RPO). Die Krisenspirale dreht sich unaufhaltsam. Inzwischen gelten wieder auf gemeinsame Rechnung gemachte Schuldscheine als Allheilmittel, sogenannte Euro-Bonds. Italien drängt und auch Frankreich scheint aufgeschlossen. Bundeskanzlerin Merkel gerät vor dem Gipfel mit Sarkozy zunehmend unter Druck - zumal Euro-Bonds offenbar auch in Berlin Unterstützung finden.

Warum fünf Euro-Länder Sorgen machen
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Foto: AP

Italien hat zur Lösung der europäischen Schuldenkrise eindringlich gemeinsames Handeln der Länder angemahnt und dafür sogenannte Euro-Bonds vorgeschlagen. "Wir wären nicht da, wo wir jetzt sind, wenn wir Euro-Bonds gehabt hätten", sagte Finanzminister Giulio Tremonti am Samstag.

Das hoch verschuldete Land war zuletzt zunehmend ins Visier der Finanzmärkte geraten, so dass sich die Europäische Zentralbank (EZB) veranlasst sah, italienische Anleihen zu kaufen. Die Renditen sind seitdem wieder gesunken. Im Gegenzug für diese Hilfe der EZB beschloss das Land mit einer doppelt so hohen Verschuldung wie erlaubt erst am Freitag ein zusätzliches Sparpaket im Volumen von 45 Milliarden.

Gipfeltreffen am Dienstag

Der neuerliche Vorschlag für die Schaffung von Euro-Bonds kommt kurz vor einem deutsch-französischen Gipfel am Dienstag in Paris zur Schuldenkrise. Das Treffen könnte zu hitzigen Diskussionen führen. Denn einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa zufolge schwenkt auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy auf die Seite der Euro-Bonds-Befürworter über. Merkel könnte am Dienstag mit ihrem strikten Nein, das zuletzt so oft von ihr zu hören war, auf verlorenem Posten stehen.

Zumal auch in den eigenen Reihen der Widerstand bröckelt. So berichtet es zumnindest die Welt am Sonntag unter Berufung auf nicht näher präzisierte Regierungskreise. Eine europäische Transferunion mit gemeinsamen Euro-Anleihen werde mittlerweile als letztes Mittel im Kampf gegen die Euro-Krise nicht mehr ausgeschlossen, schreibt das Blatt.

Es würden nun weitergehende Maßnahmen in Betracht gezogen als bislang bekannt. Es sei aber unklar, ob die FDP bereit wäre, den Schritt mitzugehen. Die Debatte über Euro-Bonds will Deutschland dem Bericht zufolge erst führen, wenn die Krise nur noch zwei Alternativen lasse: das Auseinanderbrechen der Währungsgemeinschaft oder eine stärker auf Brüsseler Ebene abgestimmte Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Deutschland in der Schlüsselrolle

Das Kanzleramt stellte sich am Sonntag auf Anfrage hinter den Finanzminister und verwies auf dessen Aussagen. Schäuble sagte dem "Spiegel", es reiche nicht, kurzfristig immer neue Rettungsschirme aufzuspannen. Nötig sei vielmehr eine langfristige Stabilitätskultur in Europa.

"Ich schließe Euro-Bonds aus, solange die Mitgliedstaaten eine eigene Finanzpolitik betreiben und wir die unterschiedlichen Zinssätze benötigen, damit es Anreize und Sanktionsmöglichkeiten gibt, um finanzpolitische Solidität zu erzwingen", sagte Schäuble (CDU) dem "Spiegel". Er sprach von einer zunehmenden Bereitschaft in der Bevölkerung, nach der Währungsunion auch eine politische Union anzusteuern. Ziel sei nun zunächst eine Verbesserung des Krisenmanagements und der wirtschaftspolitischen Steuerung der Euro-Zone.

Rösler und Schäuble geschlossen

Schäuble äußerte sich zuversichtlich, dass der Euro an der Schuldenkrise nicht scheitern werde. Er unterstrich zugleich allerdings, dass es für die in Not geratenen Währungspartner "keine Rettung um jeden Preis" gebe. "Es bleibt dabei: Es gibt keine Vergemeinschaftung von Schulden und keinen unbegrenzten Beistand", sagte Schäuble.

Neben dem Finanzminister sprach sich auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gegen Euro-Bonds aus. "In einem Europa, in dem jeder Mitgliedstaat selbst Verantwortung übernehmen sollte, halte ich eine gemeinsame Euro-Anleihe für den falschen Weg", sagte er dem Handelsblatt laut Vorabbericht. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, warnte im Deutschlandfunk sogar, bei einem Rückgriff auf Euro-Bonds oder einer Erhöhung der Verschuldungsgrenze des ESFS komme es zu einem politischen Zusammenbruch der EWU. "Das kann es nicht sein", sagte er.

Die EU bleibt wie immer: gespalten

Die Bundesregierung dem Vernehmen nach uneinig, die Angst der CDU-Basis vor der Transferunion im Nacken, Italien und Frankreich gegen sich - für Merkel könnte der Termin am Dienstag unangenehm werden. Politik und Wissenschaft sind mit Blick auf das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise uneiniger denn je.

Bundeskanzlerin Angela Merkel will auch deshalb in Paris mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy beraten. Tremonti sagte, die Erwartungen an das Treffen der beiden einflussreichen Politiker seien sehr hoch. Einer Umfrage der "Bild am Sonntag" zufolge ergab, dass 31 Prozent der Deutschen glauben, dass der Euro bis 2021 verschwunden sein wird.

Tremonti schart die Truppen

Finanzinvestor George Soros, der unter anderem mit Währungsspekulationen ein Milliardenvermögen angesammelt hat, sprach sich unterdessen ebenfalls für eine Einführung von Euro-Bonds aus. Gleichzeitig appellierte er an Länder wie Deutschland als stärkstes Land der Gemeinschaft, diese Lösung mitzugestalten. Nur so lasse sich eine neue Bankenkrise und eine weltweite Depression abwenden.

Tremonti sagte bei einer Pressekonferenz, viel hänge davon ab, was in den kommenden Tagen über und für Europa beschlossen werde. Er verwies darauf, dass auch Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker für Euro-Bonds sei. Auch Griechenland findet die Idee nach Angaben eines Regierungssprechers gut. Das Land musste als erstes Mitglied der Euro-Zone Hilfen in Anspruch nehmen, weil es sich aus alleiniger Kraft nicht mehr refinanzieren konnte.

Oettinger warnt vor Zahlungsausfall Italiens

EU-Energiekommissar Günther Oettinger warnte indes vor einem Zahlungsausfall Italiens. Die Europäische Währungsunion würde dies nicht verkraften, sagte Oettinger dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). Eine italienische Staatspleite werde die Eurozone "wahrscheinlich" sprengen, weil Italien dann als Geberland des Europäischen Rettungsfonds EFSF ausfalle, sagte Oettinger.

Der EU-Kommissar sprach sich strikt dagegen aus, das Volumen des EFSF über die geplanten 440 Milliarden Euro hinaus weiter zu erhöhen. "Der Fonds reicht für Portugal, Griechenland und Irland problemlos aus und hat darüber hinaus noch reichlich Kapazitäten", sagte Oettinger.

(RTR/dapd/pst)
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