Brüderle: Keine weiteren Länder gefährdet Europa ringt um seinen Rettungsschirm

Berlin/Dublin (RPO). Die Bundesregierung ringt mit ihren EU-Partnern um die Bedingungen für einen dauerhaften Euro-Krisenmechanismus. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach sich am Samstag strikt gegen gemeinsame Anleihen der Euro-Länder zur Stabilisierung von Defizitsündern aus. Wegen der harten Verhandlungslinie von Kanzlerin Angela Merkel wurden aber auch Sorgen um den deutschen Ruf in Europa laut.

Hintergrund: Der Euro-Rettungsschirm
Infos

Hintergrund: Der Euro-Rettungsschirm

Infos
Foto: afp, GIUSEPPE CACACE

Innenpolitisch sitzt Merkel zwischen den Stühlen: Die Bürger sind in der Frage gespalten, ob die Bundesrepublik Partnern wie Irland bei der Bewältigung ihre Krise helfen soll. Der provisorische Euro-Rettungsschirm mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro läuft im Sommer 2013 aus. Mitte Dezember soll ein EU-Gipfel Grundzüge eines dauerhaften Hilfsmechanismus festlegen. Deutschland dringt darauf, dass die privaten Käufer von Staatsanleihen - vor allem Banken - an künftigen Nothilfen beteiligt werden können, etwa durch Zinsabschläge.

Unklar ist, wie die Euro-Länder ihre eigenen Nothilfen finanzieren wollen. Zurzeit stellen sie bilaterale Garantien für Problemländer bereit. Der "Focus" berichtete vorab, Deutschland erwäge nun doch gemeinsame Euro-Anleihen aller Partnerländer. Mit Eurobonds würde Deutschland für die Schulden der anderen Euro-Länder mithaften. Das Magazin zitiere einen anonymen Regierungsvertreter mit den Worten: "Das tun wir aber bei einer Ausweitung oder Verlängerung des Rettungsschirms auch."

Regierung bisher gegen Eurobonds

Bisher wurden solche Überlegungen von der Regierung strikt zurückgewiesen, weil sich durch Eurobonds die Refinanzierung der deutschen Staatsschulden empfindlich verteuern würde. Für sie wären empfindlich höhere Zinsen fällig als für Bundesanleihen.

Westerwelle sagte denn auch auf einem Landesparteitag der NRW-FDP: "Wir sind in der Bundesregierung gegen europäische Gemeinschaftsanleihen, weil wir Europa nicht zu einer Transfer- und Haftungsunion werden lassen wollen." Der FDP-Vorsitzende forderte stattdessen strengere Sanktionen für Mitgliedsländer, die den Euro-Stabilitätspakt verletzen.

"Wer zu Hause nicht solide wirtschaftet, muss wissen, dass das Konsequenzen für ihn hat", so Westerwelle. In Koalitionskreisen hieß es zudem, Eurobonds wären nur dann ein sinnvolles Instrument, wenn die Finanzpolitik in der EU vergemeinschaftet wäre. Davon sei man aber sehr weit entfernt.

Auf eine gemeinsame Schuldenfinanzierung dringt vor allem Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Der Regierungschef von Luxemburg hatte kürzlich argumentiert, wer private Gläubiger mit in die Haftung nehmen wolle, müsse auch für Eurobonds sein. Sonst müssten Staaten wie Griechenland wegen des Ausfallrisikos künftig sehr hohe Zinsaufschläge zahlen.

Widerstand gegen solche Überlegungen kommt auch aus den Koalitions-Fraktionen. Der CDU/CSU-Haushaltsexperte Norbert Barthle sagte: "Die Abgeordneten finden die Idee überhaupt nicht prickelnd." 2011 zahlt Deutschland für seine Anleihen 37 Milliarden Euro Zinsen.

Entscheidung um Irland am Montag

Innerhalb der Koalition übt die FDP Druck auf Merkel aus, beim EU-Gipfel Mitte Dezember zu konkreten Ergebnissen über den Krisenmechanismus zu kommen, in den private Gläubiger einbezogen werden müssten. Ansonsten gebe es "einen Aufstand in der FDP", sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Volker Wissing, dem "Spiegel".

Wegen der harten deutschen Haltung herrscht in der EU erheblicher Unmut. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), räumte in dem Magazin ein: "Wir haben ein Kommunikationsproblem." Es gebe gelegentlich Zweifel an der europäischen "Grundausrichtung" der Deutschen.

In einer Emnid-Umfrage für den "Focus" sagten 48 Prozent der Deutschen, sie seien für die Unterstützung von Griechenland und Irland, 47 Prozent sind dagegen. Irland will sich unter den Rettungsschirm flüchten. In Regierungskreisen wurde mit einer Entscheidung über den irischen Hilfsantrag am Montag gerechnet. Am Sonntag wollten die EU-Finanzminister in Telefonkonferenzen die Entscheidung vorbereiten. Montagabend will Finanzminister Wolfgang Schäuble die Bundestagsausschüsse für Haushalt, Recht und Finanzen über den deutschen Hilfsbeitrag unterrichten.

Brüderle gegen Spekulationen

Nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) bleiben Irland und Griechenland bis auf Weiteres die einzigen Länder der Eurozone, die milliardenschwere Nothilfe aus dem EU-Rettungsschirm benötigen. Der FDP-Politiker wandte sich gegen Spekulationen über weitere Wackelkandidaten.

"Spanien und Portugal setzen alles daran, um ihre Staatshaushalte in Ordnung zu bringen", versicherte Brüderle. Das rigide Sparprogramm sieht für die kommenden vier Jahre Einsparungen von 15 Milliarden Euro vor. Es ist Voraussetzung für die erhofften Rettungskredite der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) von voraussichtlich rund 85 Milliarden Euro. Es wird erwartet, dass die Verhandlungen mit Irland über die Annahme des Rettungspakets Anfang der Woche abgeschlossen werden.

Brüderle lehnte Forderungen ab, die irische Regierung im Gegenzug zu einer Erhöhung ihrer Steuersätze für Unternehmen zu zwingen. "Irland ist ein souveräner Staat und ich bin nicht der Oberlehrer für Dublin", sagte er der "Bild am Sonntag".

Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, warnte davor, wegen der gegenwärtigen Währungsturbulenzen den Euro infrage zu stellen. Es gebe keine Euro-Krise, "sondern eine Staatsschulden-Krise", sagte Börner der "Rheinpfalz am Sonntag". Die Wirtschaft stehe zur Gemeinschaftswährung. Der Euro dürfe nicht ins Gerede kommen.

Irische Medien berichteten, der Zinssatz für den Rettungskredit von voraussichtlich 85 Milliarden Euro könne bei bis zu 6,7 Prozent liegen. Damit kämen auf Irland höhere Zinsen zu als auf Griechenland, das für das aus EU und IWF erhaltene Rettungspaket in Höhe von 110 Milliarden Euro 5,2 Prozent zahlen muss.

(apd/das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort