Gastbeitrag von Michael Hüther "Eurobonds: Axt für die gemeinsame Währung"

Düsseldorf (RP). Ökonomen und Politiker streiten wieder hitzig über Eurobonds, gemeinschaftliche europäische Anleihen. Die einen sehen darin Teufelszeug, andere das Mittel, mit dem sich die Schuldenkrise in den Griff bekommen lässt. Aus Sicht von Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, wären sie der Anfang vom Ende. Ein Gastbeitrag.

 Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, spricht sich strikt gegen Eurobonds aus.

Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, spricht sich strikt gegen Eurobonds aus.

Foto: RPO

Derzeit wird über Euro-Bonds geredet als sei deren Einführung alternativlos, weil nur so die Staatsschuldenkrise in der Eurozone ultimativ zu lösen sei und damit das Auseinanderfallen der Währungsunion verhindert werde. Dabei wird kaum noch gefragt, warum nun gerade dieser Schritt die definitive Lösung bringen soll.

Dabei sind die Nachteile offenkundig: Euro-Bonds als Instrument der laufenden Haushaltspolitik wären ein irreversibler Schritt zur Vergemeinschaftung der Schuldenpolitik. Offenkundig ist vergessen, wohin es führt, wenn die Zinsen für Anleihen verschiedener Länder konvergieren und damit die Signalwirkung differenzierender Finanzmarktpreise fehlt: zu einer überzogenen Schuldenaufnahme der einzelnen Staaten. Entlastet würden die Defizitsünder, bestraft die soliden Staaten. Das legt die Axt an die gemeinsame Währung, weil es weder sachlich noch politisch vermittelbar ist.

Wer als Politiker Euro-Bonds propagiert, der entwertet alle bisherigen Beschlüsse. Dabei sind vom Europäischen Rat Ende Juli grundlegende Entscheidungen über die künftigen Institutionen und Regeln der Währungsunion gefällt worden, die zunächst der Umsetzung bedürfen. Auch wird übersehen, dass Griechenland, Irland und Portugal unter dem Rettungsschirm gewaltige Anstrengungen unternommen haben, ihre Haushalte zu sanieren. Für das kommende Jahr sind deutliche Fortschritte in den Primärhaushalten zu erwarten. Damit wird erkennbar, dass die Konsolidierung fruchtet. Die Finanzmärkte erhalten das notwendige Signal, dass die Restrukturierung der Altschulden dann zugleich den Weg für eine wieder handlungsfähige Finanzpolitik eröffnet.

Der Vorschlag, Euro-Bonds bis zu einer Schuldenstandsquote von 60 Prozent zu nutzen, bewertet diese Quote völlig irrwitzig als Zielmarke "von unten" und würde sie im Ergebnis betonieren. Zugleich erhielten die Problemländer sogar Anreize, die Verschuldung darüber hinaus zu steigern, weil sich die Zinslast zunächst kaum spürbar überproportional erhöht. Ebenso wird der Anreiz gemildert, seinen Schuldenstand zurückzufahren, wenn für den größten Teil der Schulden das Zinsniveau abgesenkt wird.

Wer Euro-Bonds will, der muss zugleich die Europäisierung der Finanzpolitik durchsetzen. Denn nur bei einer Aufgabe nationaler Souveränitätsrechte wäre dieser Schritt überhaupt erst systematisch denkbar. Diese Zentralisierung ist aber weder politisch gewollt noch sachlich geboten, sie widerspricht dem Subsidiaritätsprinzip.

(RP)
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