Heute Treffen in Brüssel EU will bei G20-Gipfel Druck machen

Brüssel (RPO). Die Zügellosigkeit des globalen Finanzsystems eindämmen, das haben sich die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer einst vorgenommen. Doch eine Einigung ist auch während der Wirtschaftskrise schwierig. Nun soll ausgerechnet die zerstrittene EU den Prozess anstoßen – wenn es nach dem Willen von Kanzlerin Merkel geht.

Presse: Finanzsteuer nur Opium fürs Volk
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Foto: AP

Brüssel (RPO). Die Zügellosigkeit des globalen Finanzsystems eindämmen, das haben sich die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer einst vorgenommen. Doch eine Einigung ist auch während der Wirtschaftskrise schwierig. Nun soll ausgerechnet die zerstrittene EU den Prozess anstoßen — wenn es nach dem Willen von Kanzlerin Merkel geht.

Finanztransaktionssteuer und Bankenabgabe, das sind die Schlagworte des Treffens der EU-Regierungschefs heute in Brüssel. Und die können noch für allerhand Unmut sorgen. Kurz vor Beginn des EU-Gipfels rief Merkel dazu auf, die Verursacher der weltweiten Finanzkrise zur Kasse zu bitten. Die EU brauche eine einheitliche europäische Position, mit der sie beim G20-Gipfel Ende Juni im kanadischen Toronto auftreten kann.

Merkel denkt dabei vor allem an die Bankenabgabe und an die Finanztransaktionssteuer. Bei letzterer soll der Handel mit fast allen Finanzprodukten durch die Abgabe belastet werden. Gemeinsam mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy will sie auf dem Gipfel für diese Maßnahmen werben.

Doch während die Bankenabgabe in Deutschland schon geplant ist, war auch die Finanztransaktionssteuer dort lange umstritten. Auch die Union hatte sich lange dagegen gewehrt. Doch die Rufe, die Krisenverursacher zur Kasse zu bitten, wurden - auch aus den eigenen Reihen - immer lauter. Denen konnte sich schließlich auch Merkel nicht mehr verschließen.

Merkel und Sarkozy in Eintracht

Am Donnerstag nun geben Merkel und Sarkozy erneut das starke Duo - auch wenn die beiden erst Differenzen um das Für oder Wider einer EU-Wirtschaftsregierung ausräumen mussten. Und schon oft waren es eben Frankreich und Deutschland, die im Doppelpack bei solchen Gipfeln federführend und auch durchsetzungsfähig waren.

Daher ist es durchaus möglich, dass die EU die Finanztransaktionssteuer ebenso wie die Bankenabgabe als gemeinsam geforderte Position mit nach Toronto nimmt, auch wenn es nach wie vor Gegner wie etwa Großbritannien gibt. So sagte zum Beispiel der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann, er sei klar dafür. Zumal die europäischen Staaten inzwischen komplett unter den Kursschwankungen des Euro leiden und die Spekulanten Ländern wie Griechenland, Spanien oder Portugal enorm zu schaffen machen.

Doch selbst wenn sich die EU auf diese Linie verständigt, ist es noch lange nicht sicher, dass die Maßnahmen tatsächlich weltweit umgesetzt werden können. Denn bei den G20 herrscht in dieser Hinsicht große Skepsis. Und das betrifft die Finanztransaktionssteuer noch mehr als die Bankenabgabe.

Diskussion in Pittsburgh

Denn schon auf früheren G20-Gipfeln wurden diese Maßnahmen diskutiert - doch die Befürworter konnten sich nicht durchsetzen. So etwa beim Gipfel in Pittsburgh im September des vergangenen Jahres. Während man sich bei den neuen Vergütungsvorschriften für Banker sowie bei einer Stärkung der Finanzaufsicht einigen konnte, blieb der Ruf nach einer Finanztransaktionssteuer und einer Bankenabgabe ungehört.

Der Grund liegt vor allem in Staaten wie Kanada, China, Australien und Brasilien. Denn in diesen Ländern kamen die Banken ohne Rettungspakete durch die Krise. Der Staat wurde in dieser Hinsicht finanziell also geschont. Warum also sollten sie ihre Banken jetzt bluten lassen?

Bei der Bankenabgabe aber ist die Möglichkeit einer Einigung noch gegeben, auch wenn sich die G20 selbst zuletzt im Mai nicht darauf verständigen konnten. Doch hier weiß die EU - wenn sie sich darauf einigt - einen starken Partner auf internationaler Ebene auf seiner Seite. Denn die USA haben ebenfalls eine Bankenabgabe beschlossen. Und mit dieser gemeinsamen Position zweier großer Verbündeter ließe sich schnell der Druck auf die anderen Teilnehmer erhöhen, etwas zu unternehmen.

Alleingang der EU?

So ähnlich sind auch die Gedankenspiele im EU-Parlament in Sachen Transaktionssteuer. Der Vorsitzende der Sozialistischen Fraktion im EU-Parlament, Martin Schulz etwa sagte, wenn Europa damit beginne, werde auch der Druck auf den US-Präsidenten Barack Obama - der bislang gegen die Steuer ist - zunehmen.

Doch Schulz spielt noch auf etwas ganz anderes an. Das, was auch der österreichische Kanzler befürwortet: Europa soll die Steuer auch im Alleingang durchsetzen. Doch darin gehen die Meinungen der EU-Staaten noch sehr weit auseinander.

Zumal bezweifelt wird, ob die Steuer etwas bringt, wenn sie nicht global durchgesetzt wird. Denn Banken könnten ihre Aktivitäten sonst in andere Länder verlagern, wie einst etwa der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) warnte - und das würde Europa mehr schaden als nützen. Ein Zeichen dafür, dass es bei einem Plädoyer für, aber keine Umsetzung der Maßnahmen auf EU-Ebene geben wird.

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