Hypo Real Estate "Es ist Zeit, nach den Verantwortlichen zu suchen"

Düsseldorf (RPO). Das Versagen des Vorstandes der Hypo Real Estate wird ein juristisches Nachspiel haben: Aktionärsschützer haben Anzeige gegen das Management des in Bedrängnis geratenen Immobilienfinanzierers erstattet. Der Vorwurf: Insiderhandel vor dem Beinahe-Bankrott. "Es ist Zeit, nach den Verantwortlichen zu suchen", sagte DSW-Sprecher Marco Cabras unserer Redaktion.

Fragen zum Rettungspaket der Bundesregierung
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Foto: AP

Mitten in die Diskussion um das Rettungspaket der Bundesregierung platzt die Meldung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): Bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht München I haben die Aktionärsschützer am Dienstag Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der Hypo Real Estate eingereicht. "In den vergangenen Tagen haben sich für uns gleich mehrere Verdachtsmomente ergeben. Diese wollen wir allesamt prüfen lassen", sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker.

Ein Blick zurück lässt klar werden, um was für einen Verdacht es sich handelt: Noch am 25. September hatte die HRE auf einer Investorenkonferenz von "stabiler Lage" und Liquiditätspuffern in Höhe von 33 Milliarden Euro berichtet. Einen Tag später folgte scheinbar der Canossagang zur Finanzaufsicht Bafin, wo die Finanzierungsnot gebeichtet wurde. Eine entsprechende Pflichtmitteilung über die Schieflage und die Notwendigkeit einer Staatsintervention ging sogar erst am 29. September über die Nachrichtenagenturen.

Bereits am 26. September gab der Kurs der HRE spürbar nach, obwohl die Öffentlichkeit noch nicht über die Lage im Unternehmen informiert war. "Der Kursrutsch vor Bekanntgabe der Notwendigkeit eines Rettungspaktes lässt zudem vermuten, dass Insider am Freitag (26. September) verkauft haben", erklärte DSW-Landesgeschäftsführerin Daniela Bergdolt. Diese Insider können nur aus dem Führungskreis des Unternehmens stammen. Überspitzt formuliert: Das Management könnte angesichts der eigens verschuldeten Pleite seine eigenen Schäfchen ins Trockene gerettet haben. Mit der Anzeige will die DSW anstoßen, dass die Bafin in diese Richtung ermittelt.

Schelte für Manager

Die Anzeige kommt zu einem Zeitpunkt, an dem mehr denn je über Moral und ethische Vorgehensweisen von Managern diskutiert wird. Bundespräsident Horst Köhler mahnte die Zunft zu mehr Bescheidenheit. Anlässlich des Erntedankfestes sagte Köhler am Montag in Berlin: "Aus der alten Feierkultur der Bauern ließe sich noch heute eine kleine Kapitalismuskritik entwickeln, denn viele andere Wirtschaftszweige feiern bloß die Gewinne, die nach oben durchbrochenen Dax-Schwellen, den Ritt auf der Welle, und ihre Dankbarkeit wirkt oft nur wie die verkleidete begierige Erwartung kommender Profite."

Das Staatsoberhaupt forderte in einem Grußwort zur Übergabe der Erntekrone, "in so manche Unternehmenszentrale und in so manchen Bankenturm" müsse "etwas von der Nüchternheit, der Alltagsvernunft und der Bescheidenheit" einkehren, die in der Erfahrung wurzele, "dass für niemanden die Bäume in den Himmel wachsen".

Einsicht von Verbandschef

Unterdessen hat Bankenverbands-Präsident Klaus-Peter Müller hat in der Finanzkrise Fehler von deutschen Bankern eingestanden. In einem Interview der "Bild"-Zeitung sagte der Aufsichtsratsvorsitzende der Commerzbank: "Keine Frage, wir haben Fehler gemacht, das gestehe ich freimütig ein. Aber von Pauschalverurteilung halte ich gar nichts." Die große Mehrheit der Banker mache gute Arbeit und habe sich nichts vorzuwerfen.

Selbstkritisch erklärt der Banken-Präsident: "Wir hätten nicht zulassen dürfen, dass Finanzprodukte so kompliziert werden, dass der Kunde sie nicht mehr versteht." Zudem wurde in der Immobilienkrise in den USA vieles nicht richtig geprüft und bewertet. Man habe sich zu sehr auf das Urteil der Ratingagenturen verlassen, sagte Müller.

Steinbrück will Zügel anziehen

Ein "weiter so" soll es auch nach Ansicht von Finanzminister Peer Steinbrück nicht geben. Die Bundesregierung will ihre milliardenschweren Finanzhilfen zur Bewältigung der Bankenkrise an harte Auflagen binden. Dazu gehöre auch eine Begrenzung der Managergehälter auf möglicherweise 500.000 Euro, ein Verzicht auf Bonusausschüttungen sowie ein zeitweiliges Verbot von Dividendenzahlungen. Zuvor hatte das Bundeskabinett ein Rettungspaket im Umfang von 500 Milliarden Euro beschlossen, das als das größte Finanzpaket in der Geschichte der Bundesrepublik gilt.

Bei der Vergabe der Refinanzierungsmittel in Höhe von bis zu 80 Milliarden Euro werde die Bundesregierung Auflagen machen, betonte er. Das reiche vom Zwang zur Kreditvergabe für den Mittelstand bis zur Kappung der Managergehälter. Hier sehe er eine Grenze von einer halben Million Euro als richtig an, zudem solle es bei den betroffenen Kreditinstituten "keine Boni, keine Abfindung, keine Dividenden" geben.

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