Wer zahlt jetzt für Griechenland? Es bleibt am Steuerzahler hängen

Düsseldorf (RPO). 30 Milliarden Euro haben die Europäer Griechenland für den Notfall in Aussicht gestellt. Der ist nun eingetreten. Wieder einmal muss der Steuerzahler den Kopf hinhalten. Politiker fordern daher, auch die Finanzbranche an den Kosten zu beteiligen. Schließlich habe die am Hellas-Debakel prächtig verdient. Zu kurz gedacht, sagen Experten.

Was der Notfallplan beinhaltet
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Foto: AFP

Griechenland ist an den internationalen nicht mehr kreditwürdig. Die Druck auf die Politik, schnell etwas zur Unterstützung der Griechen zu unternehmen, wächst. Am Nachmittag treffen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble mit dem Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, und dem Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet. Sie wollen das weitere Vorgehen in der Krise abstimmen. Bis spätestens zum 19. Mai braucht das Land frisches Geld. Die erste Rate bemisst sich auf 8,4 Milliarden Euro.

Seit Tagen wächst quer durch die Parteien die Zustimmung für den Plan, die Banken bei der Griechenland-Rettung einzubeziehen. Die Opposition, aber auch Politiker von FDP und Union sind dafür. NRW-Ministerpräsident Rüttgers (CDU) sagte unserer Redaktion: "Wir brauchen eine Antwort auf die Frage, wie sich die betroffenen Banken an den Kosten der Rettungsaktion beteiligen.". Das könne nicht allein auf Kosten der Steuerzahler geschehen. An der Notwendigkeit, den Griechen beizustehen, ließ er dabei keinen Zweifel.

"Alles auf Kosten der Steuerzahler"

Auch die Fraktionen von Union und FDP dringen nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" darauf, Banken und Spekulanten einzubinden. "Diejenigen, die hohe Zinsen für Griechenland-Anleihen kassiert haben, sollten sich auch an den Kosten einer Rettungsaktion beteiligen", sagte der Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, Volker Wissing (FDP), der Zeitung. Ähnlich äußerte sich der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Leo Dautzenberg.

"Angela Merkel muss die Vorstände aller Banken, die am griechischen Desaster Geld verdient haben, zum Rapport ins Kanzleramt vorladen", fordert nun Grünen-Fraktionschefin Renate Künast via "Hamburger Abendblatt". Die Bundeskanzlerin und ihr Finanzminister seien gegenüber den Deutschen in der Pflicht, einen Weg zu finden, wie Griechenlands Gläubiger an den Finanzhilfen beteiligt werden können." Es könne nicht sein, "dass die Banken weiter zocken wie vor der Finanzkrise, dass sie auf Fälligkeitsdaten verweisen und sich an Griechenlands Notlage eine goldene Nase verdienen - und das alles auf Kosten der Steuerzahler."

Sogar die Deutsche Bank kann sich Beteiligung vorstellen

In dieser Woche ist nun auch erste vorsichtige Unterstützung aus dem Bankensektor zu vernehmen. So will etwa die Deutsche Bank eine Beteiligung privater Geldinstitute an der Rettung Griechenlands nicht ausschließen. Die Banken könnten dabei eine bestimmte Höhe des an den griechischen Staat verliehenen Geldes abschreiben, sagte Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer in Brüssel vor Journalisten.

"Der Hauptgedanke ist, dass der Geldgeber aus dem Privatsektor eine gewisse Summe zur Restrukturierung der Schulden des Landes beisteuern", so Mayer. Würde man die griechischen Schulden von 300 Milliarden Euro um die Hälfe verringern, könnte das Land wahrscheinlich an die Märkte zurückkehren und wieder Kapital aufnehmen, meinte Mayer. Fünfzig Milliarden Euro könnten beispielsweise von privaten Investoren übernommen werden.

Das Eigeninteresse der Banken

Im Gegensatz zu anderen Kreditinstituten ist die Deutsche Bank von den Finanzproblemen Griechenlands kaum betroffen. Anders stehen die Dinge bei den Krisen-Instituten Hypo Real Estate und Commerzbank. Beide wurden selbst durch staatliche Rettungsmaßnahmen vor dem Kollaps bewahrt. Den Griechen haben sie rund elf Milliarden Euro geliehen. Würde man die beiden an der Rettung der Griechen beteiligen, müssten sie neue Abschreibungen vornehmen und bräuchten voraussichtlich wieder Hilfen vom Staat.

Experten halten es daher für möglich, dass die nun so rege diskutierte Beteiligung der Banken eine neue Finanzkrise wie im Jahr 2008 zur Folge haben könnte. "Es wird für die Regierung am Ende vermutlich billiger sein, Griechenland direkt zu helfen, als eine zweite Bankenkrise bewältigen zu müssen", sagte der Analyst Konrad Becker von Merck Finck der Nachrichtenagentur Reuters.

Auch die Allianz, die Münchener Rück und Landesbanken haben griechische Anleihen im Portfolio. Laut Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sind deutsche Institute dort insgesamt mit 43 Milliarden Dollar vertreten.

Bloß keine Panik schüren

Finanzminister Wolfgang Schäuble kennt diese Befürchtungen und übt sich daher in großer Skepsis, sobald er Forderungen vernimmt, die Finanzbranche am Hilfspaket zu beteiligen. Er will alles vermeiden, was die Hysterie an den Märkten weiter anheizen könnte. Insbesondere den Begriff "Umschuldung" mag er nicht hören. "Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen: Es geht nicht um Umschuldung, das ist kein Thema, und davon redet auch niemand, der in der Regierung ein Amt hat", sagte er dem "Handelsblatt". Auch in den Verhandlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank mit der griechischen Regierung wird eine Neubewertung der griechischen Schulden nicht diskutiert.

Es müsse jetzt darum gehen, "das Hilfspaket, das wir am 11. April in der Eurogruppe formuliert haben, zu konkretisieren und umzusetzen und damit ein klares Signal zu senden, dass wir Griechenland nicht fallen lassen", erklärte der Minister. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung solle das IWF-Hilfsprogramm am Wochenende vorliegen. Am Montag könne das Kabinett den entsprechenden Beschluss fassen, der Bundestag sodann beraten. "Eventuell erreichen wir sogar noch am 7. Mai den Bundesrat", sagte Schäuble. Damit könnten die notwendigen Hilfen rechtzeitig vor dem 19. Mai in Kraft treten.
Der Stichtag steht. Bis zum 19. Mai muss Griechenland frisches Kapital aufnehmen, um alte Kredite abzulösen.

(APN/RTR/AFP)
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