Ratgeber Erbschaft So spricht man mit der Familie über Testament und Nachlass

Wiesbaden/Bonn · „Lasst uns doch mal über das Erben reden?“ Wie sollten Kinder das Thema anpacken, wenn Eltern es nicht von sich aus tun? Tipps für ein gutes Gelingen solcher Gespräche.

 König Felipe VI. und seine älteste Tochter, Prinzessin Leonor, in Valldemossa. Prinzessin Leonors Erbe ist klar geregelt – im Gegensatz zu vielen deutschen Familien.

König Felipe VI. und seine älteste Tochter, Prinzessin Leonor, in Valldemossa. Prinzessin Leonors Erbe ist klar geregelt – im Gegensatz zu vielen deutschen Familien.

Foto: dpa/Raúl Terrel

Wer jung ist, hat zumeist einiges vor - etwa eine Familie gründen oder Wohneigentum erwerben. Manche spielen auch mit dem Gedanken, sich beruflich selbstständig zu machen. Nur: Wie soll man das alles finanzieren?

Viele denken dann nicht nur an Kredite von Banken, sondern auch daran, dass sie womöglich eines Tages dieses und jenes von den Eltern oder Großeltern erben könnten. Mit geerbtem Geld lassen sich Darlehen später vielleicht einfacher zurückzahlen. Nur: Ob und was sie früher oder später erben könnten, wissen (Enkel-)Kinder mitunter nicht, selbst wenn sie längst volljährig sind. Also einfach fragen?

Viele plagt die Sorge, als geldgierig dazustehen, wenn sie das Thema Erbe bei (Groß-)Eltern anschneiden. Oder dass Mutter und Vater, Oma und Opa pikiert sein könnten - will man sie etwa schon beerdigt wissen? Wegen solcher Befürchtungen gehen nicht wenige einem Gespräch über das Erben aus dem Weg.

Allerdings: Erben sei kein Tabuthema zwischen Kindern und (Groß-)Eltern, wenn die Beziehung stimme, sagt die Wiesbadener Diplom-Psychologin und Finanzcoachin Monika Müller. Mit anderen Worten: Wenn beide Seiten sich gut verstehen, kann zumeist auch alles zur Sprache kommen - eben auch das Erben.

Freibeträge sind ein guter Grund zu reden

Wer sich trotzdem schwertut, sollte sich zunächst selbst darüber klar werden, was er oder sie mit dem Gespräch bezweckt, rät Monika Müller. Außerdem könne es hilfreich sein, sich in die Position des Gegenübers hineinzuversetzen und nachzuempfinden, was es mit ihm macht, wenn das eigene (Enkel-)Kind nach möglichen Erbschaften fragt. Alle von der nachwachsenden Generation, die sich beim Thema Erben unbehaglich fühlten, sollten ihr Unwohlsein auch beim Gespräch zum Ausdruck bringen, empfiehlt Müller.

Auf alle Fälle ergibt es Sinn, möglichst früh über das Erben zu reden. „Beispielsweise ist es möglich, mit Schenkungen zu Lebzeiten hohe Vermögenswerte gezielt steuerfrei zu übertragen“, sagt der Bonner Fachanwalt für Erbrecht, Eberhard Rott. Denn der oder die Beschenkte kann steuerliche Freibeträge nutzen - sie liegen derzeit pro Kind bei 400 000 Euro und pro Enkelkind bei 200 000 Euro. Den Freibetrag kann der oder die Beschenkte alle zehn Jahre erneut nutzen.

Ein weiterer Grund dafür, möglichst früh über das Erben zu sprechen: So können Nachkommen herausfinden, ob Eltern und Großeltern ihren letzten Willen schriftlich in einem Testament festgehalten haben. Das kann ihnen nach dem Tod schwierige Entscheidungen abnehmen und beugt möglichen Erbstreitigkeiten vor. Fehlt dieses Dokument, sollten Kinder und Enkelkinder dazu ermutigen, dieses aufzusetzen, empfiehlt Rott.

Vorsorgedokumente können Gesprächseinstieg bieten

Doch nicht nur das Testament ist wichtig. „Erwachsene Kinder können ihre Eltern fragen, ob sie eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsvollmacht haben“, sagt Monika Müller - und sich so vorsichtig dem Thema Testament annähern.

Für den Fall, dass sie selbst nicht mehr in der Lage sein sollten, zu entscheiden, legen Männer und Frauen in der Patientenverfügung fest, welche medizinischen Maßnahmen im Notfall ergriffen oder auch unterlassen werden sollen. Mit einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung bestimmen Sie eine Person Ihrer Wahl, die sich im Fall eines Falles um wichtige Angelegenheiten - etwa finanzieller Art - kümmern soll. Ohne eine Vorsorgevollmacht besteht die Gefahr, dass ein Gericht eine fremde Betreuungsperson bestellt.

„Wenn die jüngere Generation eben auch diese Vorsorgedokumente anspricht, signalisiert sie, dass es ihr nicht um mögliche Erbschaften allein geht“, erklärt Müller.

Den Austausch nicht im Alleingang suchen

Idealerweise holen Kinder und Enkelkinder auch ihre Geschwister - falls vorhanden - ins Boot und verabreden, gemeinsam den Dialog zu suchen. Oft bietet es sich an, die ältere Generation mit etwas Vorlaufzeit um ein Gespräch zu bitten. Wenn dann die Frage aufkommt, worum es gehen soll, ist ein Hinweis wertvoll. Sagen kann man etwa, es geht um „Lebensplanung und ums Alter“. Dann weiß das Gegenüber in etwa, in welche Richtung es geht.

Noch vor dem Gespräch ist es ratsam, dass die jüngere Generation sich über die eigenen Ziele und Wünsche genau im Klaren ist. Zum Beispiel in Sachen Schenkungen. „Dieses Thema darf keinesfalls nur unter steuerlichen Aspekten gesehen werden“, sagt Monika Müller. Geht es etwa um die Schenkung einer Immobilie, sollten sich die Kinder fragen, ob sie bereit sind, die Verantwortung für das Objekt, etwa Instandhaltung oder Hausverwaltung, zu übernehmen.

Ist der Zeitpunkt für das Gespräch gekommen und die Frage geklärt, welche Vorsorgedokumente vorliegen, kann der nächste Schritt folgen. Dann können beide Seiten gemeinsam auflisten, welche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten die ältere Generation hat. Am Ende des Gesprächs steht im Idealfall ein erstes Konzept, das die Bedürfnisse und Wünsche von allen berücksichtigt und somit alle zufriedenstellt.

(dpa/aku)
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