Kunden stürmen Geldautomaten Die lettische Angst vor der Banken-Pleite

Riga · Seit Monaten sind die europäischen Finanzmärkte nervös. Drohende Staatspleiten, Banken werden herabgestuft, die EU-Krisenpolitik verpufft immer wieder. Wie labil die Lage ist, hat sich nun in Lettland gezeigt. Gerüchte reichten aus, um die Letten die Geldautomaten stürmen zu lassen. Dabei ist der osteuropäische Staat nicht einmal Euro-Mitglied.

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Foto: AP

Über den Kurznachrichtendienst Twitter war das Gerücht in die Welt gelangt, die Swedbank und andere in Lettland aktive schwedische Banken hätten Probleme. Panikartig holten viele Letten daraufhin ihr Geld ab, am Morgen hatten 126 von 298 Geldautomaten der Swedbank kein Geld mehr - und das ist immerhin die größte Bank im Land.

Die Bank dementierte sofort und nannte die Gerüchte absurd. Schließlich gehört das Geldhaus in Europa zu den am besten kapitalisierten Finanzinstituten. Doch genau das zeigt die Nervosität an den europäischen Finanzmärkten, auch wenn die Situation in Lettland noch eine ganz besondere ist. Das Land hat ebenso wenig wie Schweden den Euro eingeführt, dafür aber sehr schlechte Erfahrungen aus der ersten Finanzkrise.

Bereits MItte November hatte es ebenfalls einen kleinen Banken-Run in Lettland gegeben. Damals gab es Betrugsvorwürfe gegen die litauische Bank Snoras und ihre lettische Tochter Krajbanka. Die Kunden allerdings sollten im Zuge der staatlichen Einlagensicherung ihr Geld zurückerhalten, was der Staat erst einmal aufbringen muss in Zeiten nervöser Finanzmärkte. Die jetzigen Gerüchte werden nun bei vielen Letten das Fass zum Überlaufen gebracht haben.

2008 Hilfe von IWF und EU

Denn Lettland musste im Zuge der Finanzkrise seine Parex-Bank verstaatlichen. Die Folge: Das Land benötigte Hilfe vom Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Union, um nicht pleite zu gehen, musste ein hartes Sparprogramm durchlaufen. Eine Situation, vergleichbar mit der heutigen in Griechenland. Allerdings schaffte es Lettland allein, aus der wirtschaftlichen Krise des Landes heraus, Athen dagegen droht die ganze europäische Union in Mitleidenschaft zu ziehen.

Und genau deshalb haben auch die Letten als eines der ersten sechs Länder einer Änderung der europäischen Verträge zugestimmt. Ihr Ministerpräsident Valdis Dombrovskis hatte vor wenigen Tagen in einem Interview mit der "Welt" gesagt, dass die Sanktionen und Kontrollmechanismen wieder hergestellt werden müssten, "denn es kann nicht sein, dass Länder wie Lettland die Regeln erfüllen müssen, um dazu zu gehören, dass aber die Euro-Länder praktisch machen können, was sie wollen".

In dem Interview hatte sich Dombrovskis auch zuversichtlich geäußert, dass Lettland keine Hilfe vom IWF brauchen würde, sollte eine größere Bank Probleme haben. "Das Problem stellt sich auch gar nicht. Hinter den großen Banken stehen skandinavische Mütter, und die lettischen Banken machen auch wieder Gewinne", so der Ministerpräsident gegenüber der "Welt".

Staatsanleihen-Auktion zurückgezogen

Doch was, wenn eine schwedische Bank Probleme bekommt? Schließlich sind die Banken ohnehin in diesen Tagen misstrauisch, es droht eine neuerliche Kreditklemme, weil sich kaum noch Geld untereinander geliehen wird. Und das trifft nicht nur die Euro-Länder, sondern etwa auch die Geschäfte mit den USA, die bei EU-Banken sehr zurückhaltend sind.

Lettland hatte zudem erst Ende November die Auktion von Staatsanleihen absagen müssen, weil die Zinsen dafür zu teuer waren, wie taz.de damals schrieb. Alles Anzeichen, die man nur zu gut von den Problemkindern in der Euro-Zone kennt. Und so zeigt sich, dass die EU-Staaten — ob nun im Euro-Klub oder nicht — die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise am eigenen Leib zu spüren bekommen, sobald es auch nur kleinere Probleme in dem Land gibt.

Nicht umsonst hat auch Großbritannien immer wieder an die Euro-Länder appelliert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Krise einzudämmen. Denn auch dort wirkt sich die Krise aufgrund der Verzahnung mit dem Euro-System schon aus, ohne die Währung eingeführt zu haben. In Lettland ist es die Verzahnung mit den Schweden, die eines Tages Kopfzerbrechen bereiten könnte. Doch noch waren das nur wilde Gerüchte.

(das)
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