Insolvenzantrag von Q-Cells Die große Krise der Solarfirmen

Bitterfeld · Q-Cells wird am Dienstag die Insolvenz beantragen. Das Bitterfelder Unternehmen ist der vierte promiente Fall in kurzer Zeit. Nicht nur die China-Konkurrenz und weniger Fördergelder sind der Grund für die Probleme, sondern auch eigene Fehler.

Chronologie: Die Solarfirma Q-Cells
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Nach der Atomkatastrophe von Fukushima und der Energiewende in Deutschland schien die Solarbranche glänzenden Zeiten entgegenzugehen. Doch ein Jahr später sieht es düster aus. Der Konzern hat die Hälfte seines Grundkapitals verloren. In diesem Jahr drohen nach einem Verlust von 846 Millionen Euro im Vorjahr weitere tiefrote Zahlen. Wie groß die Chancen langfristig sind, ist offen.

Q-Cells ist bereits das vierte prominente Opfer der Branchenkrise innerhalb kurzer Zeit. Gegen Jahresende hatten schon die Konkurrenten Solar Millennium (Erlangen), Solon (Berlin) und Solarhybrid aus dem sauerländischen Brilon den Weg zum Insolvenzrichter antreten müssen. Die Q-Cells-Aktie stürzte am Freitag noch einmal um mehr als 18 Prozent ab.

Forschung und Entwicklung vernachlässigt

Warum geraten die Unternehmen so stark in die Bredouille? Einige Wackelkandidaten der Branche haben ein strukturelles Problem. Sie hätten jahrelang die notwendigen Investitionen in Forschung und Entwicklung vernachlässigt und sähen sich nun der wachsenden Billigkonkurrenz aus China machtlos ausgesetzt, sagen Experten. Die nochmalige deutliche Absenkung der Solarförderung (siehe Grafik), dürfte die Unternehmen in noch stärkere Schwierigkeiten bringen. Die Konkurrenzfähigkeit schwindet bei einigen immer stärker.

Mit den notleidenden Großen geraten womöglich auch Zulieferer wie beispielsweise kleine Installateur-Betriebe in Not, die auf das große Geschäft mit Sonnenenergie hofften. Den Mittelständlern drohen Aufträge wegzubrechen.

Hat die Solarenergie also keine Zukunft mehr? Eon-Vorstand Klaus-Dieter Maubach riskierte jüngst die kühne Prognose, in fünf Jahren gebe es in Deutschland in der Branche keinen einzigen Job mehr. Das mag man als einseitige Perspektive aus Reihen eines Atomkonzerns abtun, der durch die Energiewende selbst schwer gelitten hat. Aber die Euphorie bei den "Erneuerbaren" hat deutlich nachgelassen.

Standortprobleme in Ostdeutschland

Eine Pleite von Q-Cells ist auch ein Schlag für die Region in Ostdeutschland. Bitterfeld — das ist vielen immer noch vor allem wegen des Chemiedreiecks Leuna-Buna-Bitterfeld ein Begriff. Der Solarstromproduzent Q-Cells war bislang so etwas wie ein Leuchtturmprojekt für die Region in Sachsen-Anhalt. Jetzt droht er aus Deutschland zu verschwinden. Nach Angaben der "Financial Times Deutschland" plant das Unternehmen eine Verlegung nach Großbritannien. Ein Umzug würde die Fortführung des komplizierten Anleihen-Finanzierungsmodells und somit eine Einigung mit den Gläubigern und eine Entschuldung erleichtern.

Auf Staatshilfe aus Deutschland darf Q-Cells jedenfalls nicht hoffen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte in der MDR-Sendung "Sachsen-Anhalt heute", das Land werde zwar alles tun, "dass diese Situation entspannt wird", warnte aber vor zu hohen Erwartungen: "Der Staat selber kann in dieser Situation finanziell nicht zur Seite stehen." Aber vor allem Geld ist es, das Q-Cells derzeit dringend braucht.

(RP/felt/sgo)
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