Nach Kurssturz Wie man in der Krise an der Börse investiert

Düsseldorf · Die Verbreitung des Coronavirus und seine Folgen haben die Kurse abstürzen lassen. Aber damit ist der Aktienmarkt nicht tabu für Investoren.

 Der Dax deutlich unter 10.000 Punkte – die schlechte Nachricht am Donnerstag.

Der Dax deutlich unter 10.000 Punkte – die schlechte Nachricht am Donnerstag.

Foto: AFP/DANIEL ROLAND

Kann man nach einem Tag, an dem die Börsenkurse um mehr als zwölf Prozent nach unten gerauscht sind, noch guten Gewissens den Kauf von Aktien empfehlen? Nach einem Tag, an dem der Deutsche Aktien-Index (Dax) so starke Wochenverluste hat hinnehmen müssen wie seit der Finanzkrise nicht und die Börsianer weltweit in Alarmstimmung geraten? Der Dax ist am Donnerstag auf 9161 Punkte abgeschmiert, die Deutsche-Banl-Aktie kostet mittlerweile nur noch 4,87 Euro, gerade mal sieben Werte im Dax konnten die Kursverluste auf einen einstelligen Prozentsatz begrenzen.

Ausverkaufsstimmung. Kann man da noch Aktien kaufen? Man kann. Wenn man einige Verhaltensmaßregeln beachtet.

Erstens: „Emotionen sind der schlimmste Feind der Rendite“, sagt Karsten Tripp, Chefanlagestratege Private Banking bei HSBC Deutschland. Das heißt: Wer sich bei Aktien-Investments von der Angst einfangen oder anstecken lässt, hat schon verloren. „Niemals Geld anlegen, das man kurzfristig braucht. Sein Risikoprofil festlegen, seine Renditevorstellungen definieren und Emotionen ausblenden, so gut es geht“ , rät Tripp.

Zweitens: Man sollte niemals aus der aktuellen Situation an den Finanzmärkten auf eine dauerhafte Entwicklung schließen. Auf längere Sicht sieht die Lage ganz anders aus – das lehren die großen Crashs der Vergangenheit wie nach den Terror-Anschlägen in den USA 2001, der Finanzkrise ausgangs der 2000-erJahre und der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima vor neun Jahren. „Aktien-Investments sollte man immer auf mindestens fünf Jahre planen“, so Tripp. Bis dahin ist die aktuelle Krise so oder so ausgestanden.

Drittens: Wer erfolgreich an der Börse investieren will, muss lernen, mit den Unsicherheiten der Märkte zu leben. Man kann nicht sagen, wer langfristig am stärksten von der Corona-Krise betroffen sein wird. Deshalb: „Sein Investment am besten über verschiedene Länder und verschiedene Währungen streuen, um das Risiko so gering wie möglich zu halten“, empfiehlt Tripp.

Viertens: „Sei ängstlich, wenn andere gierig sind. Sei gierig, wenn andere ängstlich sind“, hat der amerikanische Star-Investor Warren Buffett mal von sich gegeben. Eine von vielen Weisheiten eines Mannes, der als einer der erfolgreichsten Börsen-Investoren überhaupt gilt. Das nennt man antizyklisches Verhalten, und das kann in der aktuellen Krise sehr hilfreich sind. Den günstigsten Zeitpunkt trifft man zwar sowieso nie, aber: „Momentan liegt der Dax 30 Prozent unter dem Niveau von Ende Februar. Auf Sicht von zwölf Monaten haben wir jetzt auf jeden Fall Einstiegskurse“, glaubt Tripp. Aber man sollte nur peu a peu kaufen, nicht alles auf einmal.

Bleibt die Frage, welche Aktien man derzeit kaufen respektive behalten und welche man nicht kaufen sollte? Tripps einfache Weisheit: „Gut läuft alles, was in der Krise unverzichtbar ist, schlecht läuft alles, was ein gutes Gefühl macht.“ Das gute Gefühl hat man in der Regel, wenn man beispielsweise im Urlaubsflieger sitzt oder schon am Ferienort angekommen ist. Entsprechend gilt: Die Aktien der Luftfahrtgesellschaften und der Touristikkonzerne haben derzeit Riesenprobleme. Zwei griffige Beispiele von deutschen Unternehmen: Die Aktie der Lufthansa verlor am Donnerstag mehr als vierzehn, die des Touristikkonzerns Tui gar mehr als achtzehn Prozent. Ähnliche Probleme haben Hotelgruppen, Kreuzfahrtanbieter, das Gastgewerbe. Und Luxusanbieter. Der Verkauf von iPhones, die mehr als 1000 Euro kosten, ist in Krisenzeiten noch weniger selbstverständlich, als es das vorher für Normalverbraucher ohnehin schon war.

Was nach Tripps Einschätzung gut laufen könnte, sind Aktien der großen Pharmakonzerne (so lange sie Medikamente pünktlich liefern), Lieferanten von Nahrungs- und Reinigungsmitteln und IT-Anbieter, die vom aktuellen Trend zum Homeoffice profitieren. Und selbst in den Krisenbranchen sieht der HSBC-Experte noch Hoffnung: „Wenn in China wirklich der Höhepunkt der Krise erreicht ist, könnten bald jene mit einem starken China-Geschäft profitieren.“

Dagegen sind Bankaktien derzeit wohl überall nicht auf der Empfehlungsliste: „Bankaktien sind derzeit besonders spekulativ. Denn so lange die Unternehmen Probleme mit den Lieferketten haben und Auftragsausfälle drohen, laufen die Banken auch Gefahr, Kreditausfälle zu erleiden“, analysiert Tripp. Die Deutsche Bank war am Donnerstag mit einem Minus von 18 Prozent einer der größten Verlierer im Dax, die Commerzbank bei Verlusten von mehr als 21 Prozent ein unrühmliches Pendant im M-Dax. Beide haben binnen einer Woche schon jeweils ein Drittel ihres Börsenwertes eingebüßt.

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