Finanzminister nimmt Stellung Wie finanzieren wir unsere Zukunft, Herr Lindner?

Berlin · Klimakrise, marode Infrastruktur, schleppende Digitalisierung: Deutschland steht vor einem Berg an Herausforderungen. Wer soll all das bezahlen? Dieser Frage hat sich der Bundesfinanzminister in Berlin gestellt.

 Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf der re:publica in Berlin. Das Motto der Digitalkonferenz in diesem Jahr: „CASH“, zu Deutsch „Bargeld“.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf der re:publica in Berlin. Das Motto der Digitalkonferenz in diesem Jahr: „CASH“, zu Deutsch „Bargeld“.

Foto: AFP/TOBIAS SCHWARZ

Es war womöglich bewusst gewählt, dass die Digitalkonferenz re:publica ausgerechnet die Aktivistin Marlene Engelhorn auf die Bühne holte, bevor dort Christian Lindner (FDP) zur „Finanzierung unserer Zukunft“ sprach. Denn: Die Millionenerbin setzt sich für eine höhere Besteuerung von Reichen ein, etwa durch eine Erbschafts- oder eine Vermögenssteuer. Ließe sich damit nicht die Zukunft finanzieren? Diese Frage Engelhorns wurde brühwarm an den Bundesfinanzminister weitergereicht.

Lindner lehnte eine solche Substanzbesteuerung jedoch ab. „Damit schädigen wir die Kleinen.“ Es sei falsch, mittelständischen und meist lokal verwurzelten Unternehmen Kapital zu entziehen. Großkonzerne würden damit bevorteilt. „Eine Aktiengesellschaft wird schließlich nie vererbt.“ Stattdessen setzt der Finanzminister auf die globale Mindeststeuer, welche ab nächstem Jahr weltweit gelten soll. Die Gewinne von Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz sollen damit künftig mit 15 Prozent versteuert werden.

Richtig sei auch, dass das Kartellamt künftig selbstständig in den Markt eingreifen dürfe, um den Wettbewerb wiederherzustellen, „bis hin zur ultima ratio, Unternehmen zu entflechten oder Monopolgewinne abzuschöpfen“, so Lindner. Im April hatte das Kabinett die notwendige Gesetzesnovelle beschlossen. Welche Großkonzerne davon künftig betroffen sein könnten, darauf wollte Lindner aber keine Antwort geben.

Eine Absage erteilte er auch dem Gedanken, die Finanzierung der Zukunft scheitere in Deutschland am Geld. „Das Problem ist nicht ein Mangel an Kapital, sondern der Mangel an Fachkräften.“ Hinzu kämen langsame Planungs- und Genehmigungsverfahren, etwa für Windparks. 170 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds seien ungenutzt. „Am öffentlichen Geld scheitert nichts“, bekräftigte Lindner.

Allerdings brauche es Technologieoffenheit, damit dieses Geld auch richtig eingesetzt werde. Bei erneuerbaren Energien habe es diese lange nicht gegeben, so Lindner. „Mit nichts ist man zeitweise so schnell reich geworden wie mit Windkraftfonds.“ Das Geld, das der Staat in diese Übersubventionierung gesteckt habe, hätte man besser für andere Projekte nutzen sollen, so Lindner.

Noch bis Mittwoch (7. Juni 2023) wird auf der Digitalkonferenz re:publica in Berlin zu Digitalisierung und anderen Zukunftsthemen diskutiert. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird erwartet. Mehr zur re:publica erfahren Sie hier.

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