Der Wirtschaftsminister und der US-Investor Kicillof und Singer — die Unerbittlichen im Fall Argentinien

Buenos Aires · Argentinien hat die Staatspleite nicht abwenden können – trotz der zuletzt doch noch persönlichen Gespräche. Angesichts der technischen Pleite aber will die Regierung nun wieder mit den US-Hedgefonds reden. Dabei dürften neben der Präsidentin Cristina Kirchner wieder zwei Personen im Mittelpunkt stehen: der argentinische Wirtschaftsminister Axel Kicillof und der Hedgefondsmanager Paul Singer. Zwei Männer, die sich gern unnachgiebig geben.

Axel Kicillof und Paul Singer — die Unerbittlichen im Fall Argentinien
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Argentinien hat die Staatspleite nicht abwenden können — trotz der zuletzt doch noch persönlichen Gespräche. Angesichts der technischen Pleite aber will die Regierung nun wieder mit den US-Hedgefonds reden. Dabei dürften neben der Präsidentin Cristina Kirchner wieder zwei Personen im Mittelpunkt stehen: der argentinische Wirtschaftsminister Axel Kicillof und der Hedgefondsmanager Paul Singer. Zwei Männer, die sich gern unnachgiebig geben.

Der zuständige Richter in New York hat für den heutigen Freitag eine neue Anhörung im Fall Argentinien angesetzt, nachdem der Wirtschaftsminister des Landes erklärt hatte, man sei offen für ein Treffen mit den klagenden Hedgefonds. Präsidentin Kirchner machte aber zugleich klar, dass sie in der Sache hart bleiben wolle. Die US-Hedgefonds hatten argentinische Staatspapiere zu Billigpreisen gekauft, als das Land am Boden lag und fordern nun den gerichtlich den aktuellen Nennwert zurück. Die Regierung in Buenos Aires will aber der Forderung des Richters nicht nachkommen, erst diese Gläubiger auszubezahlen, weil dann die Vereinbarungen mit den anderen platzen könnten, die auf den Großteil ihrer Forderungen verzichtet hatten.

Beide Seiten zeigten sich unerbittlich in dem Streit, was letztlich zum technischen Zahlungsausfall Argentiniens führte. Denn neben der wirtschaftlichen Seite hat der Fall für die Regierung in Buenos Aires auch eine politische Dimension. Für Cristina Kirchner und ihren Lieblingsminister Kicillof ist es ein Kampf gegen die "Aasgeier", die sich an dem Land bereichern wollen. Zu den "Aasgeiern" gehört für sie damit auch der US-Milliardär Paul Singer, der hinter den klagenden Hedgefonds steht. Wer aber sind die beiden Männer, die sich in dem Streit unerbittlich zeigen?

Paul Singer — der Spekulant

Der Spekulant Paul Singer ist Wegbereiter der Strategie, Schuldscheine bankrotter Staaten oder Unternehmen billig aufzukaufen, um dann — notfalls vor Gericht — die Auszahlung des vollen Nennwertes zu fordern. Mit dieser Methode hat der Gründer der Investmentfirma Elliott Management, die Mutter des klagenden Hedgefonds NML Capital, sein Vermögen aufgebaut. Damit gehört er für seine Kritiker zu den "Aasgeiern", für seine Befürworter aber ist er ein Kämpfer für die gerechte Sache, der Schuldenstaaten ihre Grenzen aufzeigt.

"Was Argentinien zustößt, ist selbst verschuldet, einer schrecklichen Regierungspolitik geschuldet", hatte er noch Anfang des Jahres beim Weltwirtschaftsforum in Davos gesagt. Und so versuchte er unerbittlich über all die Jahre, in denen Argentinien sich weigerte, die Schulden zu begleichen, Vermögenswerte des Landes rund um den Globus pfänden zu lassen, vom Stand auf der Frankfurter Buchmesse bis zur Präsidentenmaschine. 2012 gelang es tatsächlich, die Marine-Fregatte des Landes in einem Hafen in Ghana festsetzen zu lassen.

Singer gilt als Selfmade-Milliardär, kommt aber aus gut situierten Verhältnissen. Der 69-Jährige wuchs in einem New Yorker Vorort als eines von drei Kindern eines Apothekers und einer Hausfrau auf, studierte zunächst Psychologie, promovierte dann in Jura an der Eliteuniversität Harvard. Zunächst wurde er Anwalt, dann gründete er seine Management-Firma, die sich von Anfang an auf den Aufkauf von Schrottpapieren spezialisierte. Dazu gehörten etwa auch Papiere von Lehman Brothers. Sein persönliches Vermögen wurde vom Magazin "Forbes" auf 1,5 Milliarden Dollar geschätzt, seine Firma hat ein Vermögen von mehr als 20 Milliarden Dollar.

Politisch steht er den Republikanern nahe, unterstützte etwa US-Präsident Barack Obamas Gegenkandidaten Mitt Romney. Nur bei der Homo-Ehe folgt er nicht der Linie der Partei, der Vater eines schwulen Sohnes unterstützt diese nach Kräften. Zudem sieht er sich selbst als großer Spender und Samariter. Seine Stiftung, die "Paul E. Singer Family Foundation", setzt sich für wohltätige Zwecke ein, unterstützt etwa Schulen und Kinder. Auch gehörte er zu denjenigen Unterzeichnern der Bill-Gates-Initiative "Giving Peldge", bei der Superreiche einen Teil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke spendeten.

Axel Kicillof — der Wirtschaftsminister

Singers Gegenspieler ist neben Kirchner Argentiniens Wirtschaftsminister Axel Kicillof. Er war es, der am Ende des gnadenlosen Countdowns zur technischen Pleite die Fäden in die Hand nahm und erstmals zu direkten Gesprächen mit den US-Hedgefonds nach New York reiste. Auch wenn die Gespräche scheiterten, er gab sich bemüht lässig, betonte: "Morgen wird ein anderer tag sein und die Welt geht weiter."

Kicillof vertritt genau wie die Präsidentin das Motto "Kein Cent für Aasgeier" und beschimpfte immer wieder die US-Hedgefonds, sprach von Erpressung durch diese. Für ihn und Kirchner ist der Kampf um die Schulden auch ein Kampf gegen Spekulanten und die Großmacht USA. Sie wissen die Mehrheit der Bevölkerung in diesem Kampff hinter sich und die sozialistischen Regierungen Lateinamerikas und konnten damit im eigenen Land und der Region punkten.

Kirchner selbst wird davon nicht mehr profitieren, da sie bei der Wahl 2015 nicht wiedergewählt werden kann. Kicillof aber könnte es durchaus. Denn schon bei seiner Ernennung im November 2013 wurde er als möglicher Nachfolger Kirchners gehandelt, wie die "Zeit" bereits im Februar schrieb. "Kicillof ist immer der Star des Kabinetts gewesen, das gesamte Wirtschaftsressort ist auf ihn zugeschnitten", sagte der Meinungsforscher Carlos Germano damals der Zeitung. Der Ökonomie-Professor mit den Koteletten sei schon vor zwei Jahren (damals noch stellvertretender Minister) als "Rasputin von Buenos Aires" bezeichnet, weil er schon damals der persönliche Vertraute Kirchners war und als ihr ideologischer Einflüsterer gerade in Sachen Wirtschaftspolitik gilt.

Auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt, dass Kicillof in seinem Ressort wesentlich mehr Freiraum habe als seine Vorgänger. "Oft scheint es, er bestimme die Politik", heißt es dort. Schon nach seiner Berufung zum Staatssekretär für Wirtschaftspolitik Ende 2011 sei er rasch faktisch zum Chef des Wirtschaftsministeriums geworden.

Kicillof stammt laut der Zeitung aus einer jüdischen Familie des argentinischen Mittelstandes, sein Vater war Arzt, seine Mutter ist Kinderpsychologin. In Fachkreisen gilt der promovierte Ökonom als brillianter Wirtschaftstheoretiker. Seine Kritiker aber bezeichnen ihn als "Marxisten". Er bestreitet das, auch wenn er den Ideen durchaus zugetan ist.

Nun muss er aber zeigen, dass er tatsächlich zu wahrer Größe fähig ist und vielleicht auch geeignet für das Präsidentenamt. Denn die technische Pleite dürfte an Argentinien nicht spurlos vorbeigehen. Einen ersten Schritt in Richtung einer Lösung hat er mit der Bereitschaft zu Gesprächen mit den US-Hedgefonds nun signalisiert. Ob der Termin am heutigen Freitag aber wirklich die Lösung bringt, ist fraglich.

mit Agenturmaterial

(das)
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