Hohe Energiepreise Angst vor Nebenkostenabrechnung 2023

Düsseldorf · Mieter erwartet wegen der drastisch gestiegenen Energiekosten im kommenden Jahr eine hohe Nachzahlung. Was Vermieter und Mieter tun können, um die Belastungen erträglich zu gestalten.

Foto: GRAFIK: C. SCHNETTLER

Einmal im Jahr bekommt jeder Mieterhaushalt in Deutschland seine Nebenkostenabrechnung. In der Regel ist der Abrechnungszeitraum dann das vorangegangene Kalenderjahr, und meist kommt die Abrechnung irgendwann im Frühjahr oder Frühsommer. Aber jenes Rechenwerk, das im nächsten Jahr kommt, also das für 2022, treibt die Menschen schon jetzt um. Denn darin werden die Folgen der wegen des Kriegs in der Ukraine drastisch gestiegenen Energiepreise erst so richtig sichtbar. Unter Umständen könnten Kosten für Öl oder Gas von annähernd 2000 Euro pro Jahr auf die Bürgerinnen und Bürger zukommen, hat das Verbraucherportal Veri­vox errechnet. Das wäre eine Verdoppelung der Werte von 2021.

Dass solche Kostensteigerungen für manche Mieter zum Problem werden könnten, liegt auf der Hand. Beispiel: Ein vierköpfiger Haushalt, dessen Mitglieder auf einer Fläche von 120 Quadratmetern leben und beim Gas umgerechnet 17.000 Kilo­wattstunden verbrauchen, müsste laut Verivox nach aktuellem Stand im Durchschnitt 2120 Euro zahlen, nach 1041 Euro im vergangenen Jahr. Das macht im Schnitt 90 Euro mehr pro Monat. Beim Öl wären die Mehrkosten ähnlich hoch, beim Strom betrügen die Mehrkosten 413 Euro. Macht rundgerechnet 125 Euro Mehrkosten für Heizen und Strom. Ein Zwei-Personen-Haushalt mit 80 Quadratmetern Wohnfläche käme auf knapp 80 Euro monatlichen Mehraufwand, beim Single-Haushalt mit 50 Quadratmetern wären es laut Modellrechnung 42 Euro zusätzlich.

Von daher wäre jeder Haushalt gut beraten, schon jetzt Geld für die Nebenkostenabrechnung 2023 zurückzulegen – wenn er kann. Und wenn nicht? Denkbar wäre eine Lösung, wie es sie schon vor zwei Jahren am Anfang der Corona-Krise gegeben hat. Damals bekamen Mieter, die wegen Folgen der Pandemie (Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit) ihre Miete nicht zahlen konnten, diese für drei Monate gestundet, und in dieser Zeit durften die Vermieter ihnen nicht kündigen. Danach bekamen sie dann bis Juni dieses Jahres Zeit, nachzuzahlen; bei Strom und Gas beispielsweise waren die Beträge allerdings sofort nach Ablauf der drei Monate fällig.

Könnte das jetzt auch passieren? Das Bundesjustizministerium hat dazu bisher noch nichts in der Pipeline. „Um die Folgen der steigenden Energiepreise abzumildern, hat die Bundesregierung ein umfangreiches Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Es kommt gerade auch Mieterinnen und Mietern zugute. Pläne für ein Kündigungsmoratorium im Mietrecht verfolgt das Bundesministerium  der Justiz  derzeit nicht. Die weitere Entwicklungen der Energiepreise werden wir genau beobachten“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Von einem gesetzlichen Kündigungsmoratorium, wie es der Deutsche Mieterbund gefordert hat, ist also keine Rede. Der Mieterbund wäre klar dafür: „Es muss einen Schutz für Mieter geben, die unverschuldet ihre Nebenkostenabrechnung nicht innerhalb von 30 Tagen zahlen können und dann Gefahr laufen, gekündigt zu werden“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion.

 Eine Erhöhung der Vorauszahlungen wäre zwar aus Mietersicht sinnvoll und aus Vermietersicht wünschenswert, aber erzwingen kann der Vermieter sie letztlich nicht. Dazu bedarf es einer Nebenkostenabrechnung, und die liegt natürlich noch nicht vor. Was sich für beide Seiten empfiehlt: Vermieter und Mieter sollten rechtzeitig über die steigenden Nebenkosten reden. Denn auch für den Vermieter können die Betriebskosten zum Problem werden. Auf der einen Seite bleibt die Vorauszahlung der Mieter unverändert, auf der anderen Seite können beispielsweise Gasanbieter auch während des Jahres die Preise erhöhen, und da muss der Vermieter sofort zahlen. In Einzelfällen könnte es da durchaus ein Liquiditätsproblem geben, heißt es.

Da ist es schon besser, vorher zu kommunizieren. Das wollen auch die großen Vermieter. „In der aktuellen Situation empfehlen wir unseren Mieterinnen und Mietern auf allen Kanälen – und immer, wenn sie sich an uns wenden –, ihre eigene Heizkostenvorauszahlung umgehend anzupassen“, sagte ein Sprecher des Wohnungskonzerns Vonovia unserer Redaktion. Der Branchenkonkurrent LEG erklärte auf Anfrage, man wende sich „proaktiv mit einem persönlichen Anschreiben an unsere Mieterinnen und Mieter, mit dm wir ihnen eine Erhöhung der Vorauszahlungen auf freiwilliger Basis anbieten, um den Kostenanstieg über die Monate abzufedern“. Dies betreffe etwa 8500 Mieterinnen und Mieter.

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