Frankfurt/M. Finanzaufsicht greift Deutsche Bank an

Frankfurt/M. · Die Bafin wirft der Bank vor, sie habe nach den Skandalen um Zinsmanipulationen keine personellen Konsequenzen gezogen. Der Ton, den die Aufsicht anschlägt, wird schärfer. Der Druck auf die Führung des Unternehmens wächst.

Gut 19 Monate ist die Doppelspitze der Deutschen Bank mit Anshu Jain und Jürgen Fitschen im Amt, und seither weht ihr mit großer Regelmäßigkeit ein scharfer Wind ins Gesicht. Unter anderem ist das Unternehmen in die Kritik geraten, weil Mitarbeiter wie Beschäftigte anderer Geldhäuser in der Vergangenheit offenbar Zinssätze an den Finanzmärkten zu Lasten anderer Banken und Kunden manipuliert haben. Die Aufsichtsbehörden haben die formalen Vorgänge geprüft, Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young haben untersucht, ob die Bank ausreichend Konsequenzen aus den Affären gezogen hat.

Genau das ist aber den Erkenntnissen der Wirtschaftsprüfer nach nicht passiert, was die Bafin zu einer erneuten harschen Kritik an der Führung des Unternehmens bewogen hat. Im August des vergangenen Jahres hat es schon einen gepfefferten Brief der Aufseher an die Firmenzentrale in Mainhattan gegeben, der nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" "eine einzige Abrechnung mit der Führungskultur" darstellt.

Jetzt setzt die Bafin in einem neuen Zwischenbericht noch einen drauf. Der gesamte Vorstand sowie der Aufsichtsrat hätten die Affäre nicht angemessen aufgearbeitet, heißt es. Nach wie vor sei daher nicht geklärt, "ob eine Beteiligung oder Kenntnis des Senior Managements bezüglich möglicher Manipulationsversuche bestand". Das betrifft ehemalige Mitglieder der Führungscrew genauso wie die beiden amtierenden Spitzenmanager Jain und Fitschen.

Der Druck auf das Spitzenduo wächst. Denn der Ton, den die Finanzaufsicht anschlägt, wird schärfer. Es geht augenscheinlich längst nicht mehr nur darum, dass interne Kontrollsysteme versagt haben könnten, und um die Frage, inwieweit ehemalige oder amtierende Führungskräfte involviert sein könnten. Ganz klar bringt die Bafin auch Zweifel am internen Aufklärungswillen der Deutschen Bank zum Ausdruck. Ein solcher Verdacht speist sich beispielsweise daraus, dass Mitarbeiter noch befördert worden sein sollen, die in der Libor-Affäre selbst eine zweifelhafte Rolle gespielt haben könnten.

Die Bank selbst wiederholt in solchen Fällen das, was sie seit dem ersten Verdacht sagt. Nach derzeitigem Erkenntnisstand sei kein derzeitiges oder früheres Vorstandsmitglied in die Affäre verwickelt, die Bank arbeite mit den Behörden zusammen, die Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen. Das Unternehmen hat mittlerweile mehr als vier Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten zurückgestellt. Ein Sechstel davon wird allein für Strafzahlungen fällig, die die Europäische Kommission mehreren europäischen Großbanken aufgebürdet hat (siehe Info unten). .

Mit der Kritik am Umgang mit der Libor-Affäre werden Zweifel der Aufseher am vielzitierten Kulturwandel bei der Deutschen Bank laut. "Als neuer Vorstand haben Sie zwar einen Kulturwandel angekündigt", zitiert der "Spiegel" aus dem Bericht, "im vorliegenden Fall entsteht jedoch der Eindruck, dass Sie klare Konsequenzen, insbesondere personeller Art, nicht gezogen haben." Zu gut deutsch: Ihr habt nicht das gehalten, was ihr versprochen habt. Ein Vorwurf, der die Deutsche Bank zum wiederholten Male trifft.

(RP)
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