Düsseldorf Die Fehde der Gewerkschaftsführer

Düsseldorf · GDL-Chef Claus Weselsky wirft seinen Vorgänger Manfred Schell aus der Lokführer-Gewerkschaft. Der wehrt sich und nennt Weselskys Strategie gescheitert. Immerhin akzeptieren die Lokführer nun das Schlichtungsergebnis.

Das ist Claus Weselsky: Lokführer, CDU-Mitglied, Gewerkschafter
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Das ist Claus Weselsky

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Foto: dpa/Carsten Koall

Bei der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) geht es auch intern knallhart zu. Während gestern einer der härtesten Arbeitskämpfe der jüngsten Zeit mit der 94-prozentigen Zustimmung der Mitglieder zum Schlichtungsergebnis endgültig beigelegt wurde, erreichte die Fehde zwischen dem langjährigen GDL-Vorsitzenden Manfred Schell (1989 bis 2008) und seinem Nachfolger Claus Weselsky einen neuen Höhepunkt. Schell wehrt sich heftig gegen seinen Rauswurf. Mit ihm wurden vier weitere ehemalige GDL-Funktionäre "aufgrund offener Mitgliedsbeiträge und wegen gewerkschaftsschädigenden Verhaltens" aus der Gewerkschaft ausgeschlossen.

Von seinem Rauswurf hat Manfred Schell (72) nur durch die Pressemitteilung der GDL erfahren. Das sei "typisch für die Neuzeit" bei der GDL unter Claus Weselsky, sagt er unserer Zeitung. Zunächst will Schell beim GDL-Hauptvorstand Widerspruch einlegen. Der Vorstand sei jedoch ein "Vasallengremium" Weselskys und werde den Rauswurf bestätigen, ist sich der langjährige Vorsitzende sicher. Für diesen Fall plant er zivilrechtliche Schritte. Die Ausschlussverfahren seien in den 35 Jahren, die er für die Lokführergewerkschaft gearbeitet habe, beispiellos.

Die Rauswürfe werden mit angeblichen Rückständen bei den Mitgliedsbeiträgen in fünfstelliger Höhe begründet. Schell weist das als "irrwitzig" zurück, aber bedauerlicherweise glaubten die GDL-Mitglieder die Vorwürfe. "Wir haben alle unsere Beiträge gezahlt", versicherte der ehemalige GDL-Chef. In seinem Fall gebe es einen Rechtsstreit um Tantiemen, die er aus Tätigkeiten in Beiräten und Aufsichtsgremien bezogen habe. Die Hälfte dieser Bezüge sollen der Gewerkschaft zufließen. Schell wartet bis zum heutigen Tage auf eine Antwort auf die Frage, ob er die umstrittenen 3170 Euro aus dem Jahr 2012 auf ein Sonderkonto der GDL oder - was er für falsch hält - auf das ganz normale Mitgliedsbeitragskonto überweisen soll. Mittlerweile wird diese Frage an Gerichten verhandelt.

Den gewerkschaftspolitischen Kurs seines Nachfolgers hält Schell für komplett gescheitert. Von den ursprünglichen Forderungen Weselskys sei trotz des langen Arbeitskampfs "überhaupt nichts übrig geblieben". Obwohl er monatelang eine Schlichtung ausgeschlossen habe, sei Weselsky doch in die Schlichtung gegangen. Herausgekommen sei wortgleich das, was die Konkurrenzgewerkschaft EVG bereits ausgehandelt habe.

Er, Schell, hingegen habe 2008 mit dem ersten großen Lokführer-Streik eine Gehaltserhöhung von umgerechnet 13 Prozent durchgesetzt und einen eigenständigen Tarifvertrag für Lokführer. Diese Eigenständigkeit, so Schell, habe die Lokführergewerkschaft jetzt durch den aktuellen Abschluss preisgegeben.

Die GDL hingegen erklärte, sie habe ihre Ziele "weitgehend" durchgesetzt. Unter anderem schließe sie jetzt eigenständig Tarifverträge "für alle ihre Mitglieder des Zugpersonals". Mit Blick auf die große Zustimmung sagte Weselsky: "Die sogenannten Kritiker sollten nun endlich einpacken."

Bei dem Streik 2008 kämpften Schell und Weselsky noch Seit' an Seit'. Der eine war der Chef und der andere sein Stellvertreter. So mancher Beobachter fragte sich freilich schon damals, wer die eigentlich treibende Kraft war. In ihrer Härte gegenüber dem Arbeitgeber Deutsche Bahn nehmen sich die beiden nichts. Sehr unterschiedlich sind aber ihre Vorstellungen über den Führungsstil. Etliche GDL-Funktionäre gaben seit dem Wechsel im Vorsitz ihre Posten auf. Andere wurden abgesetzt oder ausgeschlossen - neben Schell traf es jetzt die beiden ehemaligen Weselsky-Stellvertreter Sven Grünwoldt und Thorsten Weske und zwei weitere Ex-Funktionäre.

Schell hat seinen Nachfolger einmal mit Assad und Mao verglichen. Dazu steht er noch heute. Weselsky hatte unserer Zeitung bereits im Januar zu Schells Verbal-Attacken gesagt: "Wenn jemand der Gewerkschaft schadet, weil er mit meiner Person nicht klarkommt, dann ist das nicht hinnehmbar."

(RP)
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