Frankfurt EZB will die Zinsen lange niedrig halten

Frankfurt · Die Europäische Notenbank hat den Leitzins bei 0,25 Prozent belassen und schließt eine weitere Senkung nicht aus. EZB-Präsident Draghi sorgt sich wegen der niedrigen Preise, eine Japanisierung des Euro-Raums gebe es aber nicht.

Frankfurt: EZB will die Zinsen lange niedrig halten
Foto: Arne Dedert

Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt auf der Lauer. Sie beschloss gestern, den Leitzins, zu dem sich Banken und Sparkassen Geld bei ihr leihen können, bei 0,25 Prozent zu belassen. Zugleich betonte sie, alle Waffen im Kampf gegen die Euro-Krise geladen zu halten. "Wir sind bereit, alle erlaubten und verfügbaren Instrumente in Betracht zu ziehen", sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Die Folgen:

Sparer Sparer und Lebensversicherungs-Kunden, die auf eine baldige Zinswende hoffen, enttäuschte Draghi. Im November hatte die EZB den Leitzins von 0,5 Prozent auf 0,25 Prozent gesenkt. Gestern machte Draghi klar, dass es noch lange bei Mini-Zinsen bleibt: "Wir erwarten, dass sich der Leitzins für geraume Zeit auf dem derzeitigen oder einem noch niedrigeren Niveau bewegen wird." Damit könnten die Zinsen sogar noch weiter runtergehen. "Wir gehen davon aus, dass die EZB in den nächsten drei Monaten die Leitzinsen noch einmal senkt", erklärte Johannes Mayr von der BayernLB.

Bauherren Was diese Politik für Bauherren bedeutet, ist offen. Der Leitzins hat zwar mittelbar Auswirkungen auf die Zinsen, die Banken für Hypotheken nehmen. Jedoch spielen Angebot und Nachfrage ebenfalls eine Rolle. Im Mai 2013 hatten die Zinsen für zehnjährige Baukredite mit 2,3 Prozent ein Rekordtief erreicht. Seitdem sind die Zinsen wegen der hohen Nachfrage nach Immobilien-Krediten wieder leicht angestiegen.

Verbraucherpreise Verbraucher können beruhigt sein. Die Preise werden noch lange niedrig bleiben. "Wir dürften eine längere Phase niedriger Inflation durchlaufen, gefolgt von einem schrittweisen Aufwärtstrend in Richtung einer Teuerungsrate von nahe zwei Prozent", sagte Draghi. Die EZB spricht bei einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent von stabilen Preisen. Der Italiener sieht trotz der Politik des billigen Geldes keinerlei Inflations-Gefahr, im Gegenteil: Ihn treibt die geringe Teuerung um.

Konjunktur Die Furcht vor einer Deflation war im Dezember befeuert worden, als die Inflationsrate in der Euro-Zone auf das Rekordtief von 0,8 Prozent sank. Wenn die Preise auf breiter Front fallen, ist das gefährlich für die Konjunktur. Viele Verbraucher schieben ihre Käufe dann auf die lange Bank, weil sie auf noch tiefere Preise hoffen. Betriebe geraten in Not, weil sie für ihre Waren nicht genug bekommen. Japans Wirtschaft steckte über Jahre in einer solchen Deflation und Rezession. Draghi sagte zwar: "Es gibt keine Japanisierung des Euro-Raums." Dennoch machte er deutlich, dass die EZB wachsam ist: "Wir haben ein Mandat, Preisstabilität zu sichern – und zwar in beide Richtungen." Um eine Deflation zu verhindern, könnte die EZB den Leitzins noch etwas weiter senken, den Banken neue Milliardenspritzen bieten oder von Banken Strafzinsen nehmen, die Geld bei ihr parken, anstatt es an Bürger und Betriebe zu verleihen. "Es gibt zwei Dinge, die uns dazu bringen würden, zu handeln: eine Verknappung am Geldmarkt und wenn der Teuerungsdruck längerfristig schwächer wird", sagte Draghi. Letzteres war seine Umschreibung für "Deflation".

Deutsche Exporteure Klare Worte fand Draghi im Streit um Deutschlands Rolle bei der Krisen-Bekämpfung. Die Probleme der Euro-Länder ließen sich nicht durch eine Schwächung Deutschlands lösen. "Alle Euro-Länder profitieren von der Stärke der deutschen Wirtschaft", betonte Draghi. Das Land braucht man umso mehr, weil die Euro-Krise noch nicht vorbei ist. "Es gibt eine wirtschaftliche Erholung, aber sie ist zerbrechlich. Es wäre voreilig, den Sieg auszurufen." Der Euro gab leicht nach auf 1,35 Dollar.

(RP)
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