Asmussen gegen Euro-Austritt Athens EZB soll Griechenland retten

Berlin · In der Bundesregierung wird inzwischen fest mit einem Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone gerechnet. Doch weil Athen das Geld ausgeht und die nächste Tranche aus dem Hilfspaket erst im November ausgezahlt werden könnte, soll die Europäische Zentralbank einspringen. Wieder einmal.

Das ist Mario Draghi
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Foto: dpa, bjw

In der Bundesregierung setzt sich offenbar die Erkenntnis durch, dass Griechenland auf jeden Fall in der Euro-Zone gehalten werden soll. "Die Grundsatzentscheidung ist gefallen", sagte gestern ein Bundesminister unserer Zeitung.

Erwartet wird, dass der Bericht der Kontrolleure der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF), die "Troika", ausreichend Positives zu den Konsolidierungsbemühungen der griechischen Regierung enthalten wird, so dass die EU-Staaten grünes Licht für die Auszahlung der bereits zugesagten 31 Milliarden Euro geben können. Allerdings soll der Bericht erst im November vorliegen, weil der von den USA dominierte IWF das Thema aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf heraushalten will. Athen braucht aber dringend Geld, um Schulden abzulösen und Gehälter und Renten auszuzahlen.

Deshalb soll nun die EZB mit einer Zwischenfinanzierung einspringen. Das Modell ist hoch umstritten. Es sieht nach Angaben eines EU-Diplomaten vor, dass griechische Banken kurzfristig laufende Anleihen des eigenen Landes kaufen ("T-Bills") und diese bei der heimischen Notenbank im Gegenzug für frisches Geld als Sicherheit hinterlegen. Damit würde die Notenbank quasi den eigenen Staat finanzieren. Die EZB kann diese Praxis blockieren. Doch soll die EZB der griechischen Notenbank bereits signalisiert haben, den Ankauf in einem Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro zu dulden. Damit würde die griechische Operation auch für den deutschen Steuerzahler zum Problem. Formal trägt die griechische Notenbank das Ausfallrisiko, aber durch das Zentralbanksystem "Target" sind alle anderen Euro-Notenbanken betroffen. Vor allem die Bundesbank als größter Anteilseigner. Schon jetzt stehen Notenbanken anderer Euro-Staaten bei der Bundesbank mit 500 Milliarden Euro in der Kreide.

Nach dem jüngsten Beschluss des EZB-Rats, unbegrenzt spanische und italienische Staatsanleihen zu kaufen, steht also die EZB erneut im Zentrum des Krisenmanagements. Der vom Verfassungsgericht gebilligte dauerhafte Euro-Rettungsfonds ESM hilft im Fall Griechenland nicht weiter. Denn einem neuen Hilfsprogramm müsste der Bundestag zustimmen. Nach zwei bereits beschlossenen Hilfspaketen und mehr als 190 Milliarden Euro gilt eine Mehrheit dafür bei Union und FDP aber als ausgeschlossen.

Koalitionäre räumen hinter den Kulissen ein, dass die EZB benötigt werde. Der erneute Feuerwehreinsatz der EZB dürfte bei den prinzipientreuen Bundesbankern wie Präsident Jens Weidmann Widerstand hervorrufen. Er fürchtet, dass der Reformeifer in den Krisenstaaten abnimmt, je stärker die EZB den Ländern unter die Arme greift. "Eine Zentralbank darf sich weder von der Politik noch von den Märkten treiben lassen. Aber genau das geschieht", sagt auch Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Die Argumentation ist dabei immer gleich: Nur Reformen in den Ländern können die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und das Land mittelfristig wieder an die Kapitalmärkte heranführen. Derzeit liegen die Staatsanleihen der südeuropäischen Krisenländer ausschließlich in den Händen heimischer Banken oder der EZB.

Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone wäre für viele Experten trotz allem die risikoreichste Variante. Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied der EZB, sagt: "Man sollte nicht leichtfertig über ein Ausscheiden reden, ein Ausscheiden könnte ökonomisch ein sehr teurer Weg werden, für Griechenland, Europa und auch für Deutschland." Seine Präferenz sei es, Athen im Euro zu halten. Der Schlüssel dazu liege im Land selbst.

(brö)
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