Kaufen oder abwarten? Für wen sich der Immobilienkauf jetzt lohnt

Düsseldorf · Die Preise sind teils gefallen. Experten erwarten aber keinen Preisrutsch. Ist es also sinnvoll, zuzuschlagen, oder sollte man abwarten? Ein Experte schätzt die aktuelle Lage ein und gibt Tipps.

Sollte man jetzt eine Immobilie kaufen? (Archivbild)

Sollte man jetzt eine Immobilie kaufen? (Archivbild)

Foto: Kai Remmers

Reiner Braun ist Geschäftsführer des Bonner Forschungsinstituts Empirica und beschäftigt sich daher laufend mit den Preisen für Wohnimmobilien und der Frage, wer sich in Deutschland noch Wohneigentum leisten kann. Die Frage, die sich angesichts gesunkener Preise jetzt viele stellen, lautet: Jetzt kaufen oder noch abwarten?

Was sollte man grundsätzlich beim Immobilienkauf beachten? Brauns klare Maxime: „Kaufen oder bauen sollten derzeit nur diejenigen, die mindestens 25 Prozent Eigenkapital mitbringen.“ Gemeint ist damit der Anteil der Eigenmittel am reinen Kaufpreis; die entsprechenden Nebenkosten (dazu gehören Grunderwerbsteuer, Maklergebühren, Notar- und Gerichtskosten) sollte man zusätzlich aufbringen können.

Wie viel vom Einkommen kann ich für den Kredit aufwenden? „Man sollte nicht mehr als 35 Prozent des verfügbaren Einkommens für Zins und Tilgung ausgeben“, empfiehlt Braun. Was beispielsweise bei einem Haushaltseinkommen von 4000 Euro immerhin schon 1400 Euro bedeuten würde. Und diese 4000 Euro sind nach Brauns Einschätzung die Untergrenze. Wer weniger verdient, sollte nach seiner Meinung also besser die Finger vom Traumhaus lassen. Das Vorhaben könnte sonst zum Albtraum werden.

Warum ist das Kaufen so teuer geworden, und um wie viel? Ein Zahlenvergleich hilft bei der Einschätzung: Bei einem Prozent Zinsen musste man im Herbst 2021 pro 100.000 Euro Kreditsumme noch 1000 Euro Zinsen im Jahr zahlen, mittlerweile sind es 4000 Euro. Was sich bei einer Vervierfachung der Kreditsumme in gleichem Maß erhöht. Beispiel: Bei 400.000 Euro Kreditsumme fielen früher 4000 Euro Zinsen im Jahr an, jetzt womöglich 16.000 Euro – macht also allein schon eine anfängliche Zins-Mehrbelastung von 1000 Euro im Monat.

Wer sollte dann jetzt kaufen? Aber es gibt natürlich auch potente Gutverdiener, für die andere Regeln und Spielräume gelten. „Selbstnutzer, die sich das leisten können und die eine Immobilie finden, die ihren Wünschen und Bedürfnissen entspricht, sollten jetzt kaufen“, rät Braun. Der Vorteil für Selbstnutzer, die jetzt kaufen: „Man kann die Wohnung häufig allein besichtigen und die Verkäufer womöglich noch beim Preis drücken.“

Sinken die Preise denn nicht noch weiter? Darauf zu setzen, kann ein falsches Kalkül sein. Denn bei sinkenden Neubauzahlen und steigendem Zuzug vor allem in den Metropolen glauben Fachleute eher nicht an einen echten und längerfristigen Preisrutsch. Dass die Neubauzahlen in absehbarer Zeit steigen, erwartet angesichts wachsender Anforderungen an die Klimatauglichkeit von Häusern und Wohnungen gegenwärtig kaum jemand.

Wo kriegt man noch Immobilien? Das mit dem Preispoker gilt natürlich verstärkt bei Immobilien auf dem Lande, wo Häuser und Wohnungen noch ausreichend vorhanden sind, während in den Metropolen und Schwarmstädten weiter notorische Knappheit herrscht. Ansonsten sieht Braun bei seiner Empfehlung keinen Unterschied zwischen Stadt und Land: „Die Zinsen sind für alle gestiegen und die Neubaukosten eben auch.“ Beides hat dazu geführt, dass in der zweiten Hälfte 2022 die Nachfrage nach Kaufimmobilien teils eingebrochen ist – in Bonn und Düsseldorf beispielsweise um annähernd 20 Prozent. Die Preise in diesen und anderen Großstädten sind natürlich nicht in gleichem Maß gesunken. Das wirkt sich vor allem auf die Mieten aus, aber eben auch auf Kaufpreise. In Düsseldorf beispielsweise sind die Preise für Neubauten zwischen Juli und Dezember 2022 sogar noch um 5,4 Prozent gestiegen, jene für Bestandsimmobilien auch bei bereits hohen Zinsen nur mäßig gesunken, wie der Gutachterausschuss der Landeshauptstadt jüngst mitteilte. Also auch hier kein Indiz für einen Einbruch.

Was heißt das alles für Kapitalanleger? Wer auf stabile Wertentwicklung setzt, sollte natürlich in den Regionen kaufen, in denen die Preise stabil bleiben oder sogar noch steigen könnten. Und: „Man muss auch genau hinschauen, ob beispielsweise hoher Sanierungsbedarf besteht. Dann muss man versuchen, den Preis zu drücken“, so Braun.

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