Essen Evonik will Kosten senken

Essen · Die Essener wollen der beste Spezialchemiekonzern der Welt werden. Dazu will Evonik-Chef Christian Kullmann 200 Millionen Euro einsparen. Es werden Stellen wegfallen, doch Kündigungen sind nun bis 2021 ausgeschlossen.

Nach einem Jahr der Zukäufe tritt Evonik nun auf die Kostenbremse. Bis 2021 will der Chemiekonzern zehn Prozent seiner Vertriebs- und Verwaltungskosten und damit dauerhaft 200 Millionen Euro einsparen. "Wir wollen das beste Spezialchemieunternehmen der Welt werden", erklärte Christian Kullmann, der seit Mai den Essener Konzern führt. "Dazu müssen wir auch unsere Kosten mit unserem Anspruch in Einklang bringen." Man werde das Kostenbewusstsein stärken, Bürokratie abbauen und Entscheidungswege straffen. In einem Brief an seine 36.000 Mitarbeiter erklärte Kullmann: "In einem gesunden Unternehmen dürfen die Kosten nicht schneller steigen als die Ergebnisse."

Das war zuletzt anders: In den vergangenen vier Jahren seien die Kosten um rund zehn Prozent gewachsen, ohne dass das Geschäft mitgewachsen sei, heißt es in Essen. Um die Gewinnmarge auf 18 bis 20 Prozent zu bringen, bekommen nun alle Segmente inklusive der Zentrale Einsparziele. Evonik will zum Beispiel bei Projekten, externen Dienstleistern und Beratern sowie bei Wiederbesetzungen sparen. Am Ende werden auch Arbeitsplätze wegfallen, so der Konzern. Wie viele, steht aber noch nicht fest. Das Ganze soll ohnehin sozialverträglich geschehen: Bislang galt, dass betriebsbedingte Kündigungen bis 2020 ausgeschlossen sind, nun hat Evonik den Kündigungsschutz bis zum Ende des Sparpogramms 2021 verlängert. Die Gewerkschaft IG BCE zeigte sich erleichtert. "Betriebsbedingte Kündigungen wird es mit mir nicht geben. Evonik ist doch nicht in der Krise", hatte Kullmann unlängst im Interview mit unserer Redaktion gesagt. Im kommenden Jahr will der Konzern mit der Mitbestimmung über die Details der Kostensenkung sprechen. Bereits 2018 sollen Einsparungen von 50 Millionen Euro erfolgen.

An der Börse kamen die Nachricht von der Kostensenkung sowie die Zahlen zum dritten Quartal gut an. Die im M-Dax notierte Aktie legte zunächst um ein Prozent zu.

Im dritten Quartal hatte Evonik auch dank seiner Zukäufe den Umsatz und Gewinn gesteigert. Der Umsatz legte gegenüber dem dritten Quartal 2016 um zwölf Prozent auf 3,6 Milliarden Euro zu, der operative Gewinn (bereinigtes Ebitda) um elf Prozent auf 639 Millionen Euro. Das war etwas besser, als Analysten erwartet hatten.

Evonik hatte seit 2016 mit zwei großen Übernahmen für Schlagzeilen gesorgt: Der Konzern hatte für 3,8 Milliarden Dollar eine Sparte des US-Konzerns Air Products gekauft und für 630 Millionen Dollar das Silica-Geschäft des Konzerns JM Huber. "Wir ernten nun erstmals die Früchte aus beiden Akquisitionen", sagte Kullmann. "In beiden Fällen geht die Integration zügig voran und wir konnten bereits erste Synergien realisieren."

Sorgenkind bleibt das Geschäft mit Zusatzstoffen für die Tiermast wie Methionin. Die Verkaufspreise, die seit Langem auf Talfahrt sind, hätten sich im dritten Quartal zwar stabilisiert. Sie lägen aber weiter deutlich unter denen des Vorjahresquartals, erklärte Evonik. Der Gewinn des Segments Nutrition & Care brach um 23 Prozent auf 184 Millionen ein. Besonders gut lief es dagegen in der Sparte Performance Materials, die Vorprodukte für die Autoindustrie herstellt.

Kullmann hatte bereits angekündigt, dass Evonik künftig mutiger bei Zukäufen sein werde. Doch beim Schweizer Konkurrenten Clariant winkte er ab. "Wir können definitiv bestätigen, dass wir derzeit keine spezifischen Pläne haben, Clariant ganz oder in Teilen zu übernehmen", sagte Kullmann gestern vor Analysten. Clariant hatte sich zuvor auf Druck eines Großaktionärs von einer Fusion mit dem US-Konkurrenten Huntsman verabschiedet.

(anh)
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