Essen Evonik liebäugelt mit Clariant und DSM

Essen · Der Essener Konzern sucht den Mega-Deal: Evonik soll der Schweizer Clariant ein Übernahmeangebot gemacht haben. Das trieb gestern die Clariant-Aktie. Aber auch mit der niederländischen DSM gibt es Gespräche.

Der Essener Chemie-Konzern Evonik ist seit Monaten auf der Suche nach dem großen Deal. Man wolle bei der Konsolidierung der Branche nicht an der Seitenline stehen, betont Evonik-Chef Klaus Engel immer wieder. Als Kandidaten für eine Übernahme gelten inzwischen zwei Unternehmen: der Schweizer Chemie-Konzern Clariant und der niederländische Konkurrent DSM.

Evonik sei an den Schweizern interessiert und biete den Aktionären 23 Franken je Aktie, schrieb die "Financial Times". Das Angebot würde Clariant mit umgerechnet 7,3 Milliarden Franken (sieben Milliarden Euro) bewerten. Im Konzern hieß es, man habe sich Clariant angeschaut, noch sei aber keine Entscheidung gefallen. Das fusionierte Unternehmen würde einen Umsatz von 18 Milliarden Euro erreichen - und damit größer sein als Lanxess und die vor der Abspaltung stehende Bayer-Chemie zusammen.

Evonik-Chef Klaus Engel sagte gestern bei einer Veranstaltung: "Wir kommentiere keine Marktgerüchte." Ebenso äußerte sich Clariant. Das beflügelte die Anleger: Die Clariant-Aktie schoss um elf Prozent auf 20,07 Franken hoch. Die im M-Dax gelistete Evonik-Aktie gab dagegen zeitweise um 2,7 Prozent auf 32,09 Euro nach. Der mögliche Kaufpreis sei hoch, das drücke den Evonik-Kurs, hieß es an der Börse.

"Es spricht einiges für diese Übernahme: Evonik will sich im Bereich Consumer, Health & Nutrition verstärken, genau hier ist auch Clariant stark", sagt Christoph Schöndube, Analyst von Independent Research. "Daher sollte eine Übernahme hohe Synergien bringen, das muss auch sein, um den hohen Preis zu rechtfertigen, über den spekuliert wird." Synergien heben bedeutet meist, dass die Partner Werke oder Abteilungen zusammenlegen - mit entsprechenden Folgen für die Mitarbeiter. Die Gewerkschaft hat intern bereits grundsätzlich gemahnt, an die Jobs zu denken.

Clariant entstand 1995 als Chemie-Abspaltung vom Schweizer Sandoz-Konzern und wird heute geführt vom deutschen Manager Hariolf Kottmann. Der war bei Hoechst tätig und ist den deutschen Chemie-Lenkern gut bekannt. Vor wenigen Tagen erst hatte Kottmann im Interview mit der "Handelszeitung" (ohne Bezug auf Evonik) Widerstand gegen eine Übernahme angekündigt: "Ich wäre sehr überrascht und bitter enttäuscht, wenn ein Konkurrent tatsächlich eine unfreundliche Übernahme starten würde. Denn die Branche weiß, dass wir nicht übernommen werden wollen."

Evonik schaut sich seit längerem Chemie-Firmen in aller Welt an. Auch mit der niederländischen DSM gab es Gespräche. Der Konzern, der (wie Evonik) aus einem Bergbau-Unternehmen entstand, ist (wie Evonik) bei Nahrungsergänzungsmitteln stark. DSM habe zunächst Vorbehalte gehabt, weil Evonik ein deutscher Staatskonzern sei, hieß es gestern in Aufsichtsrats-Kreisen. Doch inzwischen rede man wieder. Wer auch immer es wird: "Für Evonik ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine große Übernahme", sagt Analyst Schöndube. "Evonik muss größer werden, um weiter im weltweiten Wettbewerb mitspielen zu können."

(RP)
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