Düsseldorf Gewinner und Verlierer der Euro-Talfahrt

Düsseldorf · Der Euro fiel auf 1,1763 Dollar und damit unter das Niveau bei seiner Einführung 1999. Ursache ist die unterschiedliche Geldpolitik in der USA und der Eurozone. Was die deutschen Exporteure freut, betrübt deutsche Touristen.

Im Jahr 1999 wurde der Euro als Buchgeld eingeführt. Am 4. Januar 1999 setzte die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals einen Referenzkurs für die neue Währung fest: 1,1789 Dollar war sie damals wert. Nach einer 15-jährigen Berg- und Talfahrt ist der Euro nun dort wieder angekommen. Gestern fiel er auf 1,1763 Dollar.

Warum fällt der Euro? Der Euro ist seit Monaten auf Abwärtskurs. Grund ist die auseinanderlaufende Geldpolitik in Europa und den USA. Während die US-Notenbank Fed bereits eine Zinswende angekündigt hat und es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie den Leitzins erhöht, hält die EZB dagegen an ihrer Politik des billigen Geldes fest: Der Leitzins liegt seit Herbst bei 0,05 Prozent. Daran wird sich angesichts des Aufloderns der Griechenland-Krise so schnell nichts ändern. Im Gegenteil: Am 22. Januar will die EZB über den Kauf von Staatsanleihen beraten, womit sie noch mehr billiges Geld in den Markt geben würde. Also gehen Anleger schon jetzt lieber in die USA, wo es mehr Rendite gibt, und fragen entsprechend Dollar nach.

Hinzu kommen die Unterschiede bei der Konjunktur. Während die US-Wirtschaft ganz ordentlich wächst, schleppt sich die Eurozone mühsam dahin. Gestern meldete das Bundeswirtschaftsministerium einen überraschenden Einbruch bei den Industrieaufträgen. So fiel der Auftrageingang im November überraschend um 2,4 Prozent unter den Wert des Vorjahres.

Wer sind die Gewinner? Vom schwachen Euro profitieren alle Unternehmen, die ihre Waren in Nicht-Euro-Länder verkaufen. Weil die Amerikaner nun weniger Dollar für einen Euro geben müssen, können Daimler und BMW ihre Limousinen in den USA günstiger absetzen. Ebenso profitieren deutsche Autozulieferer, Maschinen- und Flugzeugbauer, die traditionell hohe Exportquoten haben. Der schwache Euro hilft auch den Krisenstaaten, die wie etwa Portugal und Italien eine starke Textilindustrie haben und hier auf dem Weltmarkt mit asiatischen Billiglohnländern konkurrieren. Insgesamt wirkt der schwache Euro wie ein Konjunkturprogramm für die Euro-Zone und gegen die Deflations-Gefahr.

Wer sind die Verlierer? Die Verlierer der Euro-Schwäche sind deutsche Touristen, die Urlaub in den USA und anderen Ländern planen, in denen der Dollar ein wichtiges Zahlungsmittel ist wie etwa Thailand. Sie müssen nun mehr Euro geben, um dieselben Hotelleistungen, Flüge und Waren vor Ort kaufen zu können. Eigentlich wirkt ein schwacher Euro auch bei Benzin und Heizöl preistreibend, da Rohöl in der Regel in Dollar notiert und gehandelt wird. Doch diese Entwicklung wird derzeit überlagert vom Überangebot an Rohöl, was den Preis des schwarzen Goldes drückt.

Wie geht es weiter? Die Talfahrt dürfte weitergehen. Die Deutsche Bank hatte im Oktober prognostiziert, der Euro werde bis 2017 unter einen Dollar rutschen. Ein Allzeittief wäre das aber noch nicht. Das lag im Oktober 2000 bei 0,8252 Dollar. Dann startete die EZB ihre Zinserhöhungs-Runde.

(RP)
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