Intimsphäre soll gewahrt werden EU will Körperscanner erlauben

Düsseldorf (RP). Die EU-Kommission will den Einsatz von Ganzkörper-Detektoren auf Flughäfen einheitlich regeln. Bisher lehnte sie die "Nacktscanner" ab, weil die Bilder zum Teil sehr indiskret sind. Mittlerweile ist es technisch möglich, die Intimsphäre zu wahren und dennoch für Sicherheit zu sorgen.

Nackt-Scanner - eine umstrittene Technologie
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Foto: AFP

Kehrtwende in Brüssel: Nach anfänglicher Ablehnung drängt die EU nun doch auf die schnelle Einführung von Ganzkörperscannern auf europäischen Flughäfen. Gestern stellte Verkehrskommissar Siim Kallas seinen Plan den EU-Verkehrsministern vor und stieß dabei auf keinen Widerspruch. Kallas will in den nächsten Monaten einen Gesetz vorlegen, in dem europaweite Standards für den Schutz der Persönlichkeitsrechte und der Gesundheit beim Einsatz der Durchleuchtungsgeräte geregelt werden. Ob die einzelnen Mitgliedsländern Körperscanner einsetzen, bleibt ihnen überlassen.

Die Kommission hatte jüngst in einer Studie festgestellt, dass die Geräte "die Qualität der Sicherheitskontrollen verbessern" und die Fundrate von gefährlichen Stoffen "erheblich erhöhen". Scanner der neuesten Generation könnten die seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 drastisch gestiegenen Abfertigungszeiten wieder verkürzen, heißt es in dem Bericht. Sie sollen das manuelle Abtasten auf Waffen, Sprengstoffe und andere gefährliche Gegenstände ebenso ersetzen, wie die heute noch üblichen Metalldetektoren.

Das Plädoyer für die Geräte überrascht. Im Oktober 2008 hatte das EU-Parlament noch eine Resolution gegen die "Nackt-Scanner" verabschiedet, weil die ersten Versionen der Geräte die Passagiere auf den Kontrollmonitoren faktisch nackt abbildeten. Was hat sich geändert? "Die neueren Modelle bilden den Körper nur noch abstrakt ab", erklärt Andreas Kotowski im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Ingenieur ist Technik-Manager der US-Firma Rapiscan — zusammen mit dem US-Wettbewerber "L-3" Weltmarktführer. Um die Intimsphäre der Flugpassagiere zu schützen, werde das tatsächliche Scannerbild außerdem auf einem räumlich getrennten Monitor angezeigt.

"Anonymer geht es nicht"

"Das Personal am Monitor sieht gar nicht, zu welchem Passagier das Bild gehört", erklärt Kotowski. Wenn die Kontrolleure etwas Verdächtiges entdecken, markieren sie es mit der Maus — ihre Kollegen an der Passagierabfertigung können dann den Fluggast gezielt untersuchen. "Anonymer geht es nicht", sagte Kotowski. Auf diese Weise sei die Intimsphäre besser geschützt, als durch die Abtastpraxis. Das Rapiscan-Gerät kann nach den Worten seines Konstrukteurs auch kleinste Strukturen bis zur Niete an einer Jeans erkennen, sofern sie sich auf der Körperoberfläche des durchleuchteten Passagiers befinden. Die eingesetzten Röntgenstrahlen werden je nach Masse der Substanz, auf die sie treffen, verschieden stark reflektiert. Kotowski versichert, dass sein Rapiscan deshalb auch Plastiksprengstoff abbildet.

Gesundheitliche Bedenken weiß die Scanner-Industrie inzwischen glaubhaft zu relativieren. Die Belastung durch die Röntgenstrahlen bei der Kontrolle entspreche derselben wie beim Biss in eine Banane, sagt Kotowski. Bananen enthalten radioaktives Kalium 40. Auch die EU-Kommission hält die neuen Scanner gesundheitlich für "unbedenklich", wie es in dem Bericht heißt. Die Konkurrenz von "L-3" arbeitet mit Mikrowellen (die der Strahlung von Mobilfunk-Anlagen ähneln) — deren Risiken sind nach Kotowoskis Worten allerdings bei weitem nicht so gründlich erforscht seien wie die von Röntgenstrahlen.

Nach Kotowskis Prognose werden in wenigen Jahren in Europa 2000 Körperscanner im Einsatz sein, weltweit 10 000. Genau an dieser Stelle setzt die Kritik des Flughafenverbands an. Je nach Ausführung kostet ein Scanner 100 000 bis 200 000 Euro. Die EU streitet darum, wer diese Kosten trägt. Während die Mitgliedstaaten die Flughäfen und Airlines — und somit letztlich die Fluggäste — zur Kasse bitten wollen, schlägt das Europaparlament vor, dass die Staaten selber die Gebühren zahlen sollen.

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