Brüssel EU vertagt Frauenquote

Brüssel · Es muss Schlimmes passieren, bevor EU-Kommissarin Viviane Reding eine Pressekonferenz absagt. Die resolute Luxemburgerin mit der stahlhart gesprayten Frisur kämpft für ihre Projekte. Doch gestern war es so weit: Sie hatte ihren Plan für eine Frauenquote im Kollegium der Kommissare nicht durchbringen können. Ausgerechnet Redings Kolleginnen Neelie Kroes (Digitales) und Cecilia Malmström (Inneneres) leisteten erbitterten Widerstand. Nun soll das Thema am 14. November wieder auf die Agenda. Bis dahin muss Reding nachbessern. Sie gab sich kämpferisch: "Frauen kämpfen jetzt seit 100 Jahren: Welchen Unterschied machen da ein oder zwei Wochen?"

Reding will eigentlich für Aufsichtsräte börsennotierter Konzerne ab 2020 einen Frauenanteil von 40 Prozent vorschreiben. Für Firmen mit staatlicher Beteiligung sollte die Quote bereits 2018 gelten. Bei Verstößen drohen harte Sanktionen: Bußgelder, der Entzug von Subventionen oder der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.

Reding kämpft seit Monaten für die Quote. Sie hält sie für nötig, weil die freiwillige Selbstregulierung der Wirtschaft weitgehend erfolglos bliebe, so Reding. Doch der Widerstand regte sich prompt. Neun Staaten protestierten in einem Brief an die EU-Kommission. Die deutsche Regierung ist in der Frage gespalten. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen befürwortet die Quote. Die Kanzlerin lehnt sie ab. Trotzdem legte Reding ihre Pläne im Kommissars-Kollegium vor. Doch auch da fiel er durch.

Bleibt das Europaparlament, das den Plänen ebenfalls zustimmen muss. Eine Mehrheit der Abgeordneten stützt Frauen-Quoten für Unternehmen. Gerade proben die Volksvertreter den Aufstand gegen die Männerdominanz in anderen Institutionen. Es geht um die Berufung des Luxemburger Notenbankchefs Yves Mersch in das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB). Die galt eigentlich als unproblematisch, weil an Merschs fachlichen Qualifikation kein Zweifel besteht. Das Problem: Es wurde gar keine Frau für den Posten in Betracht gezogen. Deshalb lehnte der Wirtschafts- und Finanzausschuss des EU-Parlaments Merschs Ernennung ab. Im Plenum kommt es nun morgen zum Showdown. Mersch droht durchzufallen – quasi als Sündenbock.

Das wäre peinlich, kann seinen Sprung ins EZB-Direktorium jedoch am Ende nicht stoppen. Denn das Parlament muss den Kandidaten der Staaten nur anhören, nicht billigen. "Ja, ich muss leider bekennen: Ich bin keine Frau", bemerkte Mersch gestern in Berlin bei einem Maschinenbau-Gipfel bitter zum Aufstand der Abgeordneten.

(RP)
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