Brüssel EU vertagt Entscheidung über Glyphosat

Brüssel · Nun sollen die EU-Staaten einer befristeten Verlängerung zustimmen. NRW-Umweltminister begrüßt "Etappensieg".

Ob Bauern das Unkrautgift Glyphosat weiter nutzen dürfen, bleibt offen. Bei Vertretern der 28 EU-Staaten kam gestern in Brüssel nicht die nötige Mehrheit für oder gegen die Neuzulassung des Mittels zustande, wie die EU-Kommission bestätigte. Die Zulassung läuft zum 30. Juni aus. Wird sie bis dahin nicht verlängert, muss das Mittel vom europäischen Markt genommen werden.

Dass es bisher keine Mehrheit für oder gegen die Neuzulassung gibt, liegt auch an Deutschland. Die große Koalition liegt in der Frage über Kreuz. Während die SPD-Minister gegen die erneute Genehmigung sind, sind die Unionsminister dafür. Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Die Wissenschaft ist in dieser Frage gespalten, Umweltschützer sind gegen das Mittel. In der Landwirtschaft und im Gartenbau wird Glyphosat vor der Aussaat zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. In Deutschland kommt es auf 40 Prozent der Felder zum Einsatz.

Laut Diplomaten waren 19 Staaten für die Neuzulassung. Frankreich und Italien sprachen sich aber dagegen aus. Sieben Staaten, darunter Deutschland, hätten sich in einer formellen Abstimmung enthalten. Nun sollen die EU-Staaten die Möglichkeit einer befristeten Verlängerung prüfen. "Die EU-Kommission hat heute die Möglichkeit einer befristeten Verlängerung der aktuellen Zulassung zur Überbrückung bis zu einer abschließenden Abstimmung ins Gespräch gebracht", sagte Agrarminister Christian Schmidt (CSU). Zuvor hatte er erneut den Koalitionspartner SPD kritisiert, der einen Kompromiss wieder aufgekündigt habe.

NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) sprach nach der Vertagung von einem Etappensieg: "Abgesehen von der möglichen Krebsgefahr steht jetzt schon außer Frage, dass insgesamt zu viel Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden und diese unsere Umwelt und uns Menschen belasten." Remmel forderte die Bundesregierung auf, mit einer Stimme gegen Glyphosat in Brüssel aufzutreten. Er verwies auf eine Untersuchung des Landesamts für Verbraucherschutz (Lanuv), das Schadstoffe im Urin von zwei- bis sechsjährigen Kindern in NRW gemessen hat. Demnach wurden bei 63 Prozent der 250 Kinder Glyphosat-Konzentrationen oberhalb der Bestimmungsgrenze von ein Mikrogramm pro Liter nachgewiesen. Gesundheitliche Auswirkungen seien aber unwahrscheinlich, hieß es.

(dpa)
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