Rechtsstreit mit Auslands-Firmen EU stärkt Kunden

Brüssel · Ferienwohnung, Autounfälle, Online-Kauf: Brüssel will den Streitwert für Bagatellverfahren auf 10 000 Euro anheben.

Die Urlaubsvorfreude hielt nicht lange: Ein Österreicher fand seine Traum-Skiausrüstung auf einer deutschen Webseite im Internet. Er überwies dem Händler im voraus 1800 Euro. Doch die Ware kam nie an, und der Kunde erhielt auch sein Geld nicht zurück. Dies ist kein Einzelfall. Künftig sollen Verbraucher bei solch kleineren Angelegenheiten leichter zu ihrem Recht kommen. Die EU-Kommission will den Streitwert für Bagatellverfahren, die sich aus grenzüberschreitendem Handel ergeben, von derzeit unter 2000 auf 10 000 Euro anheben. Dies spare Gerichtskosten und verkürze die Dauer des Rechtsstreits, so die Exekutiv-Behörde.

Künftig seien so die Hälfte der Unternehmensforderungen erfasst — derzeit sind es 20 Prozent. Auch ein Fünftel der Verbraucherforderungen übersteigt die bisherige Grenze von 2000 Euro. Künftig dürfen die Gerichtsgebühren zehn Prozent des Streitwerts nicht übersteigen. Das Bagatellverfahren gibt es seit 2007. Es gilt für geringfügige Forderungen in Zivil- und Handelssachen über EU-Grenzen hinweg. Das Urteil ergeht in dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers oder (auf Wunsch) in dem Land des beklagten Unternehmens. Das einmal getroffene Urteil ist direkt vollstreckbar. Das Verfahren wird vorwiegend schriftlich anhand standardisierter Formulare durchgeführt. Eine Vertretung durch einen Anwalt ist nicht vorgeschrieben. Bisher waren die Gerichtsgebühren aber teilweise unverhältnismäßig hoch, überstiegen manchmal sogar den Streitwert, was das System unattraktiv machte. Das soll sich nun ändern.

Die neuen Regeln ermöglichen es Antragstellern, das Verfahren online zu beginnen: Die E-Mail wird zu einem rechtlich gültigen Kommunikationsmittel zwischen den Parteien. Tele- und Videokonferenzen werden zu normalen Instrumenten bei Anhörungen, falls diese sich als nötig erweisen sollten. Die Reform soll den Anwendungsbereich des EU-Verfahrens auch inhaltlich ausweiten und etwa auch bei der Anmietung einer Ferienwohnung im EU-Ausland oder Autounfällen im Grenzgebiet greifen. Justiz-Kommissarin Viviane Reding zeigte sich zufrieden: "Gerade in Zeiten, in denen die Europäische Union großen wirtschaftlichen Herausforderungen ausgesetzt ist, ist die Verbesserung der Effizienz der Justiz innerhalb der EU entscheidend für die Wiederherstellung des Wachstums und die Förderung des Handels."

Der österreichische Kunde nutzte übrigens das Bagatellverfahren per Klageformblatt. Das Urteil zu seinen Gunsten wurde in Deutschland vollstreckt, der Kunde erhielt sein Geld für die Skiausrüstung zurück.

(RP)
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