Handelsstreit EU setzt im Zollstreit auf Deeskalation

Berlin · Die Bundesregierung und die EU-Kommission setzen trotz der angekündigten neuen US-Importzölle auf europäische Waren vorerst weiter auf Deeskalation im Handelsstreit mit den USA.

 Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch

Außenminister Heiko Maas (SPD) sei am Freitag zunächst falsch interpretiert worden, erklärte ein Sprecher des Ministers. Maas wolle keine unmittelbare Gegenreaktion der EU, sondern habe lediglich auf mögliche Sanktionen der EU gegen US-Produkte hingewiesen, die in einigen Wochen nach einer Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO anstehen könnten. Ähnlich äußerten sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström.

 Schlichter der WTO hatten am Mittwoch der US-Regierung das Recht zugesprochen, Strafzölle von bis zu 100 Prozent auf europäische Waren im Wert von 7,5 Milliarden US-Dollar (6,8 Milliarden Euro) zu erheben. Grundlage ist ein WTO-Urteil von Mai 2018, mit dem der Streit über staatliche Subventionen für den europäischen Flugzeugbauer Airbus nach fast 15 Jahren zugunsten der USA ausgegangen war. Die EU ihrerseits hatte aber in einem ähnlichen Verfahren wegen unerlaubter US-Subventionen für den Airbus-Konkurrenten Boeing vor der WTO ebenfalls Recht bekommen. Sie erwartet zu Jahresbeginn 2020 einen Schlichterspruch über die Höhe erlaubter Sanktionen der EU gegen die USA.

Bei der Einfuhr von Flugzeugen wollen die USA vom 18. Oktober an eine zusätzliche Abgabe von zehn Prozent erheben, bei zahlreichen anderen Produkten wie Käse, Wein, Butter, Olivenöl und Kaffee wurde ein zusätzlicher Strafzoll von 25 Prozent verhängt. Die US-Regierung erklärte, man habe bewusst nicht zu den maximal möglichen Strafzöllen von 100 Prozent gegriffen, um Raum für Gespräche zu lassen. „Wir erwarten, mit der Europäischen Union in Verhandlungen zu treten, um diese Probleme in einer Weise zu lösen, die amerikanischen Arbeitern helfen wird“, erklärte der Handelsbeauftragte Robert Lighthizer.

Für die Bundesregierung und die EU besteht zwischen einer unmittelbaren Gegenreaktion und höheren EU-Zöllen nach dem erwarteten WTO-Schlichterspruch ein gravierender Unterschied: Mit einer direkten Reaktion würde sie den Handelsstreit weiter eskalieren, mit einer Reaktion auf Grundlage der WTO-Entscheidung dagegen lediglich die Interessen Europas wahren.

 Entsprechend äußerte sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). „Ich bedauere die Ankündigung der USA im WTO-Airbus-Fall Zölle erheben zu wollen“, sagte Altmaier unserer Redaktion. „Die USA schaden sich damit am Ende selbst, denn höhere Zölle gehen auch zu Lasten der US Wirtschaft und der Verbraucherinnen und Verbrauchern in den USA. Denn schon bald könnte die EU ebenfalls die Handhabe für Sanktionen haben“, sagte Altmaier. „Wir werden uns jetzt eng mit der Europäischen Kommission austauschen und gemeinsam das weitere Vorgehen abstimmen“, so Altmaier.

Außenminister Maas hatte zuvor beklagt, die USA gingen weiter „den Weg der Konfrontation“. Die EU werde nun reagieren müssen und nach der Genehmigung durch die WTO wohl ihrerseits Strafzölle erheben. Europa sei aber nach wie vor bereit, mit den USA gemeinsame Regeln für Subventionen in der Luftfahrtindustrie auszuhandeln, sagte Maas der Funke Mediengruppe. „Noch besteht die Chance, weiteren Schaden von der Weltwirtschaft zu verhindern. Denn von offenem und fairem Handel profitieren alle.“ Den Weg der Konfrontation zu gehen sei falsch, weil auf beiden Seiten des Atlantiks Arbeitnehmer und Verbraucher den Preis dafür bezahlten, kritisierte Maas.

Trump hatte die WTO-Entscheidung am Mittwoch begrüßt. „Das war ein großer Sieg für die Vereinigten Staaten“, sagte er. „Die WTO ist viel besser zu uns, seit ich Präsident geworden bin“, behauptete er. Trump ist beim Thema Welthandel für seinen aggressiven Kurs bekannt. Er hat vor mehr als einem Jahr einen eskalierenden Handelskrieg mit China angezettelt.

EU-Handelskommissarin Malmström hatte die von den USA geplanten Strafzölle als „kurzsichtig und kontraproduktiv“ bezeichnet. Brüssel hofft auf Verhandlungen mit Washington, in denen sich beide Seiten darauf verständigen sollten, welche Unterstützung für Flugzeugbauer künftig erlaubt wird.

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