Kein Kompromiss EU-Regierungen rechnen nicht mehr mit Einigung auf Finanzgipfel

Brüssel · Viele EU-Regierungen rechnen auf dem laufenden Sondergipfel zu den Finanzen nicht mehr mit einer Einigung. Eine rasche Lösung gilt auch deshalb als wichtig, weil sonst keine EU-Fördermittel für 2021 beantragt werden können.

 Die Staats- und Regierungschefs der EU verhandeln über den milliardenschweren Haushaltsplan der EU.

Die Staats- und Regierungschefs der EU verhandeln über den milliardenschweren Haushaltsplan der EU.

Foto: dpa/Riccardo Pareggiani

„Ich glaube nicht, dass wir uns hier völlig einigen werden“, sagte etwa die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Freitag in Brüssel. Ähnlich äußerten sich ihre Kollegen aus Finnland, Tschechien und Rumänien. Denkbar sei ein weiteres Treffen im März, sagte Frederiksen. Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis warf den Nettozahlern Dänemark, Schweden, Finnland und Österreich eine Blockade vor. Frederiksen und die finnische Regierungschefin Sanna Marin wiesen dies zurück. „Alle müssen sich bewegen für einen Kompromiss“, sagte Marin. EU-Ratspräsident Charles Michel hatte die ganze Nacht mit den 27 Mitgliedsregierungen bilateral beraten, aber am Freitag keinen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt. Die Beratungen sollten zunächst am Freitagmittag weitergehen. Dann wird ein Abbruch des Gipfels für möglich gehalten.

Die Europäische Union muss den siebenjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 in Höhe von rund einer Billion Euro beschließen. Der EU-Gipfel begann am Donnerstag. Bereits in einer ersten Verhandlungsrunde hatte sich gezeigt, dass sich die Positionen unversöhnlich gegenüberstehen. Das Quartett der Nettozahler will die Höhe der nationalen Zahlungen an Brüssel wie bisher auf ein Prozent der Wirtschaftsleistung beschränken. Diese Position vertritt auch Kanzlerin Angela Merkel, die aber flexibel ist, wenn der künftige EU-Haushalt stärker auf Zukunftsthemen wie Migration, Sicherheit, Klima und Innovation ausgerichtet wird. EU-Ratspräsident Charles Michel hatte einen Deckel von 1,074 Prozent vorgeschlagen, die EU-Kommission fordert gar 1,11 Prozent. Merkel verwies darauf, dass wegen des britischen EU-Austritts die deutschen Zahlungen an die EU auch bei einem Prozent um zehn Milliarden Euro jährlich steigen würden.

Dänemarks Ministerpräsidentin wies den Vorwurf einer Blockade zurück. „Ich denke nicht, dass irgendjemand blockieren will, wir verhandeln noch. Aber unsere Position ist sehr klar.“ Das Quartett hatte zuvor verabredet, in Brüssel gemeinsam aufzutreten. „Wenn die vier Länder hart bleiben, ist es nicht sinnvoll, den Gipfel fortzusetzen“, sagte dagegen Babis. „Wir sollten Ambitionen für Europa haben. Wenn wir uns die Mittel nicht geben, werden wir diese nicht erreichen“, sagte Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel. Am Donnerstag hatte schon Frankreichs Präsident Emmanuel Macron höhere Beiträge gefordert. Merkel hatte dagegen kritisiert, dass der Vorschlag des EU-Ratspräsidenten eine unfaire Lastenverteilung zwischen den Nettozahlerländern vorsehe.

Der neue EU-Finanzrahmen läuft von 2021 bis 2027 und umfasst rund eine Billion Euro. Größte Ausgabenblöcke sollen nach Vorschlag von Michel weiter der Bereich Landwirtschaft und die EU-Struktur- und Regionalförderung sein. Die Bundesregierung möchte einen Abschluss noch im ersten Halbjahr erreichen, damit die Finanzverhandlungen nicht die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ab dem 1. Juli überschatten. Das Europäische Parlament muss einem Kompromiss zustimmen und hat bereits erheblich mehr Geld der nationalen Regierungen für die EU gefordert.

(ala/Reuters)
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