Düsseldorf Eon schließt mehrere Kraftwerke

Düsseldorf · Die Aktie erlebte nach einer Gewinnwarnung den größten Tagesverlust in der Eon-Geschichte.

Einen solchen Absturz erleben Dax-Konzerne nur selten: Die Eon-Aktie rutschte gestern um zwölf Prozent ab und verzeichnete den größten Tagesverlust in ihrer Geschichte. Das Papier schloss bei gut 14 Euro: Vor drei Jahren war die Aktie noch fast doppelt so viel wert. Damit hat der Düsseldorfer Konzern unter seinem Chef Johannes Teyssen einen gewaltigen Wertverlust erlitten.

Der größte deutsche Energiekonzern hatte zuvor eine Gewinnwarnung herausgeschickt und auch die Dividende für das nächste Jahr infrage gestellt. "Wir wussten, dass es stürmisch zugeht, wenn das Energiesystem auf den Kopf gestellt wird. Durch die Eurokrise sind weitere Windstärken hinzugekommen", sagte Eon-Chef Teyssen – und verteilte bittere Pillen für alle.

Die Aktionäre sollen für dieses Jahr zwar wie geplant eine Dividende von 1,10 Euro je Aktie erhalten. Doch für 2013 wird daraus entgegen früheren Versprechungen nichts mehr werden. Das Ziel erscheine nicht mehr erreichbar, teilte Eon mit. Kritiker sehen sich bestätigt: Sie hatten nie verstanden, wieso Eon trotz des Atomausstiegs zunächst an der Garantie-Dividende festhielt.

Die Beschäftigten müssen sich auf rauere Zeiten einstellen. Der geplante Abbau von 11 000 der 80 000 Stellen soll noch schneller und entschlossener umgesetzt werden, sagte Teyssen. "Wir müssen eine Performance-Kultur schaffen." Weitere Jobs sollen aber nicht gestrichen werden. Die Gründe für die Krise:

Energiewende Die Energiewende hat das Geschäftsmodell des deutschen Vorzeigekonzerns erschüttert. Eon hatte einst ein Drittel seines deutschen Stroms mit der günstigen Atomkraft erzeugt, nun muss ein Meiler nach dem anderen vom Netz. Zudem verdirbt der rasante Ausbau von Solar- und Windkraft konventionellen Erzeugern das Geschäft. Die relativ sauberen, aber auch relativ teuren Gaskraftwerke sind wegen der hohen Einspeisung von Ökostrom oft nicht mehr rentabel. Jetzt will Teyssen mehrere Gaskraftwerke schließen, unter anderem Irsching 3 bei Ingolstadt und Staudinger 4 bei Hanau. Irsching sei in diesem Jahr nur 87 Stunden am Netz gewesen. "Eon hat unter den gegenwärtigen Marktbedingungen die falschen Anlagen", meinen die Analysten der Bank HSBC. Da nützt es auch nichts, dass der Netzbetreiber die beiden Kraftwerke, die so viel Strom produzieren wie ein Meiler, über den Winter als Notreserve halten will. Am umstrittenen neuen Kohlekraftwerk in Datteln will Eon dagegen festhalten.

Euro-Krise Der Wirtschaftseinbruch in Südeuropa und die Eintrübung im Norden drücken auf die Stromnachfrage. "Noch nie seit dem zweiten Weltkrieg ist der Absatz so stark eingebrochen", so Teyssen. In Italien sei der Energieabsatz um zehn Prozent gesunken, in Spanien um sieben Prozent. Ausgerechnet im Süden hatte Teyssens Vorgänger Wulf Bernotat kräftig zugekauft, mittlerweile musste Eon hier Milliarden abschreiben.

Gashandel Auch das Geschäftsmodell der einstigen Ertragsperle Ruhrgas funktioniert nicht mehr. Zwar konnte Teyssen in den Verhandlungen mit dem Lieferanten Gazprom Preisnachlässe erreichen, was auch den Gewinn im dritten Quartal kräftig erhöhte. Doch die grundsätzliche Bindung des Gaspreises an den Ölpreis wollten die Russen offenbar nicht aufgeben. Das macht die langfristigen Lieferverträge, mit denen Eon an Gazprom gebunden ist, weiterhin teuer.

Fehlende Strategie Eon hat noch keine überzeugende Strategie gefunden, um aus der Branchenkrise zu kommen. Die angekündigte Expansion in drei neue Auslandsmärkte kommt nur langsam voran. Zwar sagte Teyssen, das Brasilien-Geschäft sei im Plan. Doch Gewinne wirft es vorerst nicht ab: In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts werde Brasilien zunehmend Ergebnisbeiträge liefern, formulierte der Vorstandschef wenig verheißungsvoll.

Nun kassiert Eon die Gewinnprognose für 2013 (11,6 Milliarden Euro) – und überrascht damit auch noch die Börse. Im Sommer hatte Eon noch anders geklungen. "Wir haben die Talsohle durchschritten", hatte Teyssen damals erklärt. Das war zu optimistisch.

(RP)
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