Probleme in Ballungsräumen „Entspannt Euch, Leute!“ – Olaf Scholz verteidigt Grundsteuer-Pläne

Berlin · Der Bundesfinanzminister will individuelle Mehrbelastungen bei der anstehenden Reform der Grundsteuer möglichst vermeiden. Die Überwälzung der Grundsteuer auf Mieter solle notfalls abgeschafft werden, sagt Olaf Scholz.

 Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag in Berlin seine Grundsteuer-Pläne vorgestellt.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag in Berlin seine Grundsteuer-Pläne vorgestellt.

Foto: dpa/Carsten Koall

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will der großen Mehrheit der Hausbesitzer und Mieter Mehrbelastungen durch die geplante Grundsteuer-Reform ersparen. „Ich möchte, dass diejenigen Grundeigentümer belohnt werden, die eine geringe Miete nehmen“, betonte Scholz am Donnerstag in Berlin. Da die Nettokaltmiete nach Scholz´ Vorstellungen bei der Neuberechnung der Grundsteuer künftig mitberücksichtigt werden soll, erhofft sich der Minister einen Anreiz für Vermieter, die Mieten nicht zu erhöhen.

Kritiker halten dem entgegen, das höhere Mietenniveau in Ballungsräumen könne in Zukunft zu höheren Grundsteuerbelastungen führen, die wiederum auf die Mieter abgewälzt würden. Dadurch werde der Preisdruck bei Mietwohnungen zunehmen. Solche Effekte könnten durch „Kappungen“ in den Großstädten vermieden werden, die noch geprüft würden, so Scholz. Er zeigte sich zudem offen, die mögliche Überwälzung der Grundsteuer auf die Mieter durch eine Grundgesetzänderung abzuschaffen. „Das kann man ändern“, sagte er. „An mir wird das nicht scheitern.“

Die Grundsteuer muss nach einem Verfassungsgerichtsurteil bis Ende 2019 reformiert werden. Das Gericht hatte die bisherigen Einheitswerte, die der Berechnung zugrunde liegen, als veraltet und daher für verfassungswidrig erklärt. Sie wurden in Westdeutschland das letzte Mal 1964 festgesetzt, in Ostdeutschland 1935. In der Zwischenzeit hat sich der Wert der Immobilien jedoch deutlich verändert. Umgesetzt werden soll die Reform dann ab 2025.

Scholz hatte zu Wochenbeginn ein eigenes Reformmodell vorgestellt. Demnach würde anstelle des Einheitswertes künftig eine Größe treten, die sich aus Nettokaltmiete, Baujahr, Wohnfläche, Grundstücksfläche und Bodenrichtwert ergibt. Diese Größe würde wie bisher mit einer Steuermesszahl multipliziert, die Scholz „dramatisch“ senken will, um hohe Mehrbelastungen zu vermeiden. Das Produkt aus beiden Zahlen werde wie bisher mit dem kommunalen Hebesatz multipliziert, so Scholz. Er gehe davon aus, dass die Kommunen ihre Hebesätze senken würden, um zu garantieren, dass ihnen die Grundsteuer nach der Reform nicht mehr einbringe als vorher.

Alternativ bietet Scholz den Ländern ein wertunabhängiges Modell an. Danach würde nur die Grundstücksfläche mit der Steuermesszahl multipliziert. Nachteil dieses Flächenmodells ist, dass wertvolle Grundstücke genauso besteuert würden wie weniger wertvolle. Die Mehrheit der Bundesländer ist dagegen. Nur Bayern und Niedersachsen haben sich dafür ausgesprochen.

Bei einem Treffen von Scholz mit seinen Länderkollegen am Mittwochabend hatte sich aber auch keine klare Unterstützung für das Scholz-Modell nicht abgezeichnet. Die Runde will sich nun wieder im Januar treffen. Alle Seiten strebten eine einvernehmliche Lösung an, so Scholz.

Bei der Reform gehe es für einzelne Betroffene nicht um hohe Beträge, erklärte Scholz. „Die Grundsteuerbelastung ist nicht so riesig, wie sich das einige ausmalen“, sagte er. „Wir haben ein paar Stichproben gemacht und sich zu dem Ergebnis gekommen: Entspannt Euch, Leute!“, sagte Scholz. Aus Ministeriumskreisen hieß es zu Wochenbeginn, Immobilienbesitzer würden allenfalls um einen „niedrigen bis mittleren zweistelligen Euro-Betrag pro Jahr“ mehr belastet.

Viele Länder reagierten zurückhaltend auf den Vorschlag von Scholz. „Wir brauchen eine möglichst einfache, rechtssicher administrierbare, aufkommensneutrale und gerechte Lösung. Derzeit bin ich skeptisch, ob das von Olaf Scholz bevorzugte Modell diese Anforderungen erfüllt“, sagte NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU).

„Ich teile im Grundsatz den Ansatz des Bundesfinanzministers, bei der Grundsteuer auch den Wert des Grundbesitzes mit zu berücksichtigen, denn eine Luxusimmobilie in bester Lage muss anders besteuert werden als ein Schlichtbau im strukturschwachen Randgebiet“, sagte Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). „Ob das vorgelegte Modell der große Wurf ist, hinter dem sich Bund und Länder versammeln können, muss nun zügig geprüft werden. Noch gehen die Meinungen weit auseinander und es gibt eine Reihe offener rechtlicher Fragen.“ Jetzt müsse es zügig intensive Gespräche geben, um in der Sache voranzukommen. „Ein monatelanges Gezerre kann sich niemand leisten, denn die Zeit drängt und die Kommunen sind zwingend auf die Einnahmen angewiesen“, mahnte sie.

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