Energiewende Stiftung zur Sicherung der Atom-Rückstellungen

Berlin · Fast 40 Milliarden Euro haben die Energiekonzerne für Rückbau und Endlagerung ihrer Atomkraftwerke reserviert. RWE warnt vor zu hohen Belastungen durch die geplante Klimaabgabe für ältere Kohle-Kraftwerke.

Die NRW-Atomanlagen
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Die Bundesregierung treibt die Gründung einer Atomstiftung voran, die künftig für die Verschrottung der Meiler und die Lagerung des Atommülls verantwortlich sein soll. Im Umfeld von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) würde an Eckpunkten gearbeitet, heißt es in Berliner Kreisen. Danach sei als eine Variante vorgesehen, dass die Atomwirtschaft und der Staat jeweils 50 Prozent an der zu gründenden Stiftung halten. Die Unternehmen sollen dort ihre Rückstellungen einbringen. Die Gespräche mit der Branche sollen zeitnah aufgenommen werden. Möglicherweise sollen schon Ende Juni die Eckpunkte vorgelegt werden. "Hier kommt wieder etwas in Fahrt", heißt es in der Energiebranche.

Vorbild ist die RAG-Stiftung, die ab 2019 für die Ewigkeitskosten des Bergbaus aufkommt. Auch hier hatten einst Konzerne Vermögen übertragen und sich im Gegenzug der Verpflichtungen für das Abpumpen der Gruben entledigt.

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In Koalitionskreisen hieß es gestern, eine Atomstiftung zur Sicherung der Milliarden-Rückstellungen der Energiekonzerne werde innerhalb der Koalition diskutiert. Aus der Bundesregierung gab es aber keine Bestätigung dafür, dass bis Ende Juni Eckpunkte für den Aufbau der Stiftung vorgelegt werden sollen. Eon und RWE wollten sich nicht dazu äußern.

Der Regierung könne daran gelegen sein, einen großen Deal mit der Energiewirtschaft über das neue Strommarktdesign (Hilfen für Reserve-Kraftwerke), die Klimaabgabe auf ältere Kohle-Kraftwerke und die neue Atomstiftung zu schließen, hieß es in der Koalition weiter. In allen drei Bereichen sind die Branche und die Bundesregierung bislang zerstritten. Eine große Paketlösung liegt deshalb nahe. Hier könnte der Streit um die Kernbrennstoffsteuer gleich mitgelöst werden. RWE rechnet für den 4. Juni mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Auch hier geht es für die Konzerne um Milliarden-Beträge.

Atomausstieg für 2022 geplant

Hintergrund der Debatte ist der näher rückende Atomausstieg. 2022 soll der letzte deutsche Meiler vom Netz gehen. Die vier Atomkonzerne haben für die Zeit danach zwar Rückstellungen von fast 40 Milliarden Euro für den Rückbau und die Verschrottung der Meiler sowie die Lagerung des radioaktiven Mülls gebildet. Doch ein von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in Auftrag gegebenes und im März veröffentlichtes Gutachten war bereits zu dem Schluss gekommen, dass die Atomrückstellungen nicht vor der Insolvenz eines Unternehmens gesichert sind. Für problematisch halten sie auch, dass Eon nach der Abspaltung seiner Kraftwerke in die neue Gesellschaft Uniper nur noch fünf Jahre lang für die Rückstellungen haftet.

So geht die Welt mit der Atomkraft um
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Kraftwerke verlieren immer mehr Wert

Denn die Konzerne haben zwar Rückstellungen gebildet, doch die liegen nicht als Geldsack im Keller, sondern sind zum Beispiel in Kraftwerken und Stromnetzen gebunden. Und gerade die Kraftwerke verlieren immer mehr an Wert.

Anfang der Woche waren diese Sorgen durch einen Fernsehauftritt von RWE-Chef Peter Terium befeuert worden. Er hatte sinngemäß gesagt: Wenn die von Gabriel geplante Klimaabgabe komme, werde es für RWE schwierig werden, das Geld für den Rückbau der Meiler zu verdienen. "Wir brauchen das Geld, das wir in der Braunkohle noch verdienen, um zukünftig die Versprechungen einzulösen", sagte Terium dem Sender n-tv. Das gelte auch für den Rückbau der Kernkraftwerke und für die Endlagerung.

Um zu überprüfen, ob die Rückstellungen ausreichend sind, hat Gabriel den vier Atomkonzernen nun einen Stresstest verordnet. Unabhängige Prüfer sollen ermitteln, ob die Rückstellungen in der Höhe ausreichend und genügend abgesichert sind. Die Unternehmen müssen dafür ihre Bücher öffnen, wovon vor allem RWE wenig begeistert sein soll, wie es in der Branche weiter hieß. Kein Wunder, der Konzern steht wegen seines geringen Ökostrom-Anteils und des hohen Braunkohle-Anteils derzeit besonders unter Druck.

(anh/brö/mar/qua)
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