Bonn E-Postbrief: Post fürchtet um ihre Millionen-Investition

Bonn · Rund 500 Millionen Euro hat die Deutschen Post in den E-Postbrief investiert, der eine sichere Alternative zur gewöhnlichen E-Mail sein sollte. Doch jetzt muss sie um ihr Großprojekt bangen. Schuld ist das sogenannte E-Government-Gesetz. Es sieht vor, dass Bürger und Behörden in Zukunft über elektronische Post kommunizieren. Die Deutsche Post brachte daraufhin im Juli 2010 den verschlüsselten E-Postbrief auf den Markt. Dieser bekommt nach dem Gesetz nun Konkurrenz: Behörden sollen nicht den E-Postbrief, sondern De-Mail als Standard nutzen. Staat und Unternehmen hatten das Projekt entwickelt. Nun ist es einsatzbereit – und bringt die Post in die Bredouille.

In einem Brandbrief hat sich die Deutsche Post deshalb an die Regierungschefs aller 16 Bundesländer gewandt, und sie aufgerufen, dem Gesetz nicht zuzustimmen. "Wir kritisieren nach wie vor das E-Government-Gesetz, weil es aus unserer Sicht die staatlich organisierte De-Mail protektioniert und andere gleichwertige und zum Teil sogar leistungsfähigere Angebote benachteiligt", sagte ein Post-Sprecher. Die Deutsche Post hatte im April bei der EU-Kommission Beschwerde gegen das vom Bundestag bereits verabschiedete Gesetz eingelegt. Der Bundesrat will Anfang Juni darüber entscheiden. Sollte die öffentliche Verwaltung das De-Mail-Verfahren nutzen, könnte die Post große Probleme bekommen, ihren E-Postbrief bekannter zu machen.

Im Bundesinnenministerium erklärte gestern ein Sprecher zum Vorstoß der Deutschen Post, das Unternehmen habe es selbst in der Hand, ihren E-Postbrief mit dem De-Mail-Standard in Einklang zu bringen. "Der Deutschen Post geht es aber offensichtlich darum, ihr Monopol aus dem Briefzeitalter in die elektronische Welt zu retten", kritisierte der Sprecher. De-Mail und E-Postbrief sind untereinander nicht kompatibel und können auch nicht mit herkömmlichen E-Mail-Konten kommunizieren. Kritiker wie der Chaos Computer Club (CCC) haben beide Verfahren als unsicher und überflüssig kritisiert und verweisen auf offene Verschlüsselungstechniken wie OpenPGP. Die Kritik an der De-Mail wird vom Bundesinnenministerium zurückgewiesen. Spezielle Software wie OpenPGP oder GNU Privacy Guard seien "für Hacker und versierte IT-Spezialisten verwendbar, kaum aber für technisch normal begabte Internet-Nutzer".

(RP)
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