"Sind immer noch nicht aus der Krise raus" DIW-Chef blickt mit "großer Sorge" auf 2015

Berlin · Während die Kreditversicherungsexperten für 2015 wieder eine steigende Zahl an Insolvenzen erwartet, sieht das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW mit Blick auf das kommende Jahr enorme Risiken für die Konjunktur.

 Marcel Fratzscher sieht große Probleme auf Deutschland zukommen.

Marcel Fratzscher sieht große Probleme auf Deutschland zukommen.

Foto: dpa, cdt axs

"Ich blicke mit großer Sorge auf 2015", sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, der Deutschen Presse-Agentur. Als Hauptgrund nannte er die Euro-Schuldenkrise: "Wir sind noch immer nicht aus der Krise heraus. Die Wahrscheinlichkeit, dass Europa im nächsten oder übernächsten Jahr in die Rezession abgleiten könnte, ist enorm."

In wichtigen Ländern wie Frankreich oder Italien entwickelt sich die die Konjunktur nur schleppend. Mit Blick auf die anhaltend niedrigen Zinsen in der Eurozone sagte Fratzscher: "Das ist schmerzvoll, aber notwendig, um der europäischen Wirtschaft eine Chance zu geben sich zu erholen."

Für Deutschland erwartet Fratzscher eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf rund drei Millionen Menschen. Es komme in Deutschland vor allem darauf an, die "Investitionsschwäche" zu beheben, sagte Fratzscher. "Das ist unsere Achillesferse." Hier müsse die Politik die richtigen Anreize setzen. Das angekündigte 10-Milliarden-Paket sei nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Auch global gesehen gebe es viele Risiken, sagte Fratzscher. "Können die USA ihre positive Entwicklung fortsetzen, rutscht China in eine Krise, etwa im Bankensystem?" Dazu kämen die weiterhin ungelöste Ukraine-Krise und der Konflikt mit Russland sowie die Entwicklung im Nahen Osten.

Mit Blick auf die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland zu Jahresbeginn sagte Fratzscher: "Ich sehe das relativ entspannt." Positiv sei immerhin, dass durch den Mindestlohn Millionen Arbeitnehmer höhere Einkommen hätten. "Das stärkt die Binnenkonjunktur. Der private Konsum wird auch im nächsten Jahr die tragende Stütze der deutschen Wirtschaft sein. Trotzdem ist Vorsicht geboten, so dass der Staat nicht mehr Verzerrungen im Arbeitsmarkt einführt."

Mehr Insovenzen erwartet

Der Kreditversicherer Euler Hermes rechnet im kommenden Jahr angesichts der verhaltenen Wachstumsprognosen mit einem Anstieg bei den Insolvenzen in Deutschland. "Das Problem ist die schwache Nachfrage. Erstmals seit Jahren erwarten wir 2015 in Deutschland mehr Insolvenzen", sagte Euler-Hermes-Chefökonom Ludovic Subran der "Wirtschaftswoche". "Während 2014 die Zahl der insolventen Firmen um sechs Prozent zurückgegangen ist, wird sie im kommenden Jahr voraussichtlich um zwei Prozent auf dann 24 979 Fälle zunehmen".

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes war die Zahl der Insolvenzen im ersten Halbjahr 2014 um 9,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Im weiteren Jahresverlauf hatte sich die Konjunkturentwicklung allerdings deutlich eingetrübt. Für 2015 erwarten die fünf Wirtschaftsweisen nur noch ein Wachstum von 1,0 Prozent. Die Bundesregierung rechnet mit einem Plus von 1,3 Prozent.

Subran erwartet die meisten Insolvenzen im Einzelhandel und bei exportabhängigen Firmen, "vor allem bei solchen, die nach Russland exportieren". In Frankreich werde die Zahl der Insolvenzen steigen, in Spanien sinken.

(dpa)
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