Streit um Steuer-CD für NRW spitzt sich zu Die Schweizer Presse spricht vom "Steuer-Krieg"
Der Zoff um den Ankauf von Steuer-CDs zwischen Deutschland und der Schweiz spitzt sich weiter zu. Auch in der Schweizer Presse schlagen die Wellen hoch. Eine Boulevard-Zeitung bringt jetzt die Festnahme von NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) ins Spiel. Von einem "Steuer-Krieg" ist die Rede.
Das Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz leidet schon seit langem unter dem Steuer-Streit. Anfang 2009 hatte der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) viele Schweizer mit scheinbar nassforschen Äußerungen gegen Deutschland aufgebracht.
Jetzt reitet die Kavallerie
Zur Not solle man die Schweiz "mit der Peitsche" zur Lockerung ihres Bankgeheimnis zwingen. Wenige Wochen später löste Steinbrück mit seinem Kavallerie-Indianer-Vergleich neue Proteste aus. Der aggressive Besserwisser-Deutscher — so empfanden viele Schweizer damals den wortgewaltigen Genossen.
Im März 2012 reitet die Kavallerie tatsächlich — allerdings von der Schweiz in Richtung Deutschland. Mit den drei Haftbefehlen gegen NRW-Steuerfahnder schlägt Deutschlands südlicher Nachbar ein neues Kapitel im jahrelangen Streit auf. Wie sehr sich viele Schweizer durch den umstrittenen Ankauf von geheimen Steuer-Daten beleidigt fühlen, beweist auch ein Blick in die Presse.
Haftbefehl gegen Walter-Borjans?
Die Boulevard-Zeitung "Blick" bringt in einem polemischen Kommentar sogar einen Haftbefehl gegen NRW-Finanzminister Walter-Borjans ins Gespräch. Schließlich sei der SPD-Politiker als Dienstherr der drei NRW-Steuerbeamten für deren Verhalten verantwortlich.
Die Zeitung fordert: Falls die drei Beamten im Auftrag des Ministers handelten, muss Walter-Borjans vor den Kadi. Das Verhalten von deutschen Politikern, die sich über die Haftbefehle öffentlich empören, nennt der "Blick" eine "Gegen-Provokation". Artikel zum Thema laufen inzwischen unter der Rubrik "Steuer-Krieg mit Deutschland".
Auch in anderen Blättern wird das Unverständnis der Eidgenossen deutlilch. Die "Basler Zeitung" stellt süffisant fest, die Schweiz habe "keinen Grund, sich dauernd dafür zu entschuldigen, dass ihr wirtschaftliches und politisches System eigentlich ganz gut funktioniert". Die deutschen Beamten hätten Schweizer Geldhäuser "regelrecht ausspioniert". Den Helfer der deutschen Beamten nennt die Zeitung in Gangstersprache einen "Maulwurf".
"Und wir werden es bleiben!"
Das Verhalten der Schweizer Behörden ist für die "Basler Zeitung" ohne Alternative: "Zu Recht hat die Bundesanwaltschaft daher einen Haftbefehl gegen drei deutsche Beamten ausgestellt, die sich mutmaßlich nicht um unsere Gesetze kümmerten, als sie Steuerdaten auf dem Hehlermarkt erwarben. Noch sind wir ein eigenes, souveränes Land - und werden es bleiben."
Die liberale "Neue Zürcher Zeitung" beobachtet, "dass zumindest ein Teil der deutschen Politikerkaste wieder im Reich der Klischees angelangt" sei. Äußerungen von deutschen Politikern werden in den Schweizer Medien penibel protokolliert und kommentiert. So auch das Interview des SPD-Fraktionschefs Joachim Poß in der "Saarbrücker Zeitung". Poß erklärte: "Wenn Diktatoren und Massenmörder aus ihren Heimatländern fliehen mussten, dann haben sie ihr geraubtes Vermögen oft genug in die Schweiz gebracht", sagte Poß.
"Neuer Vorwurf im Steuer-Krieg"
Aber nicht diese Leute würden dort kriminalisiert, sondern wie gerade geschehen drei Steuerfahnder aus Deutschland, so Poß weiter. Der "Blick" macht daraus die Schlagzeile: "Neuer Vorwurf im Steuer-Krieg: Schweiz kriminalisiert Steuerfahnder statt Massenmörder".
Ob unter diesen Begleittönen das von der Bundesregierung angestrebte Besteuerungsabkommen mit der Schweiz unterzeichnet wird, erscheint mehr als fraglich. Walter-Borjans lehnt den Schäuble-Plan ab und kündigte an, auch weiterhin Steuer-CDs mit geheimen Kundendaten aus der Schweiz zu kaufen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) setzt trotz der massiven Kritik von SPD und Grünen darauf, dass das Abkommen nach den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen auch im Bundesrat gebilligt wird. Man gehe davon aus, dass sich die Länder das Abkommen in einigen Wochen "ganz unemotional" anschauen würden.