Essen Die Satzung der Krupp-Stiftung schützt ThyssenKrupp

Essen · Die Krupp-Stiftung hält ihre Satzung geheim. In ihr ist geregelt, dass die Stiftung eine Zerschlagung von ThyssenKrupp verhindern muss.

 Alfried Krupp 1957: Nach seinem Tod wurde die Stiftung gegründet.

Alfried Krupp 1957: Nach seinem Tod wurde die Stiftung gegründet.

Foto: dpa

Die Satzung der Krupp-Stiftung, die das Erbe von Alfried Krupp verwaltet, gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen der Essener Villa Hügel. Die Stiftung hat sie auch auf vielfaches Drängen noch nie veröffentlicht. Nur das Land NRW, das die Stiftung beaufsichtigt, verwahrt in einem Safe des Innenministeriums eine Kopie.

In der Satzung sind die Organe der Stiftung geregelt (Kuratorium und Vorstand) sowie die Nachfolge von Stiftungs-Chef Berthold Beitz ("... wählt das Kuratorium aus seiner Mitte für die Dauer von jeweils drei Jahren einen Vorsitzenden."). Diese Satzung führt die Stiftung jetzt in einen Zielkonflikt. Denn einerseits ist sie "ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken" verpflichtet. Andererseits soll sie "im Geiste des Stifters und seiner Vorfahren darauf achten, dass die Einheit dieses Unternehmens möglichst gewahrt" wird, so die Satzung, die unserer Zeitung vorliegt.

Dieses Unternehmen ist ThyssenKrupp, an dem die Stiftung mit knapp über 25 Prozent beteiligt ist. Das entspricht einer Sperrminorität, mit der die Krupp-Stiftung wichtige Konzernbeschlüsse blockieren kann. Deshalb gilt sie als zuverlässiges Bollwerk gegen eine feindliche Übernahme von ThyssenKrupp und erfüllt somit ihren Auftrag, die Einheit des Unternehmens zu wahren. Denn mit einer feindlichen Übernahme von ThyssenKrupp droht auch die Zerschlagung des Konzerns: An der Börse ist das Unternehmen wegen der desaströsen Entwicklung seiner Überseegeschäfte nur noch 8,6 Milliarden Euro wert. Allein die Aufzugssparte ist einschlägigen Marktschätzungen zufolge aber schon rund neun Milliarden Euro wert, der Anlagenbau und die Werften könnten einem potenziellen Aufkäufer weitere fünf und der Verkauf der europäischen Stahlsparte knapp vier Milliarden Euro einbringen. Kurzum: Dass die Einheit von ThyssenKrupp nach einer feindlichen Übernahme im Sinne der Satzung gewahrt bliebe, ist unwahrscheinlich.

Also muss die Stiftung alles daran setzen, ihre Sperrminorität zu halten. Das wird schwierig, denn ThyssenKrupp plant aller Voraussicht nach eine Kapitalerhöhung. Die würde den Anteil der Krupp-Stiftung unter die Sperrminorität drücken – es sei denn, die Stiftung kauft weitere Thyssen-Aktien, aber dafür hat sie vermutlich kein Geld.

Eine mögliche Lösung könnte so aussehen: Die Krupp-Stiftung bündelt ihre Stimmen mit einem anderen Großaktionär, um gemeinsam mit diesem die Sperrminorität aufrechtzuerhalten. Oder sie besorgt sich selbst frisches Geld, das dann aber wieder für ihren wohltätigen Auftrag fehlt. Die Wahrung der Einheit des Unternehmens soll laut Satzung nur "möglichst" gewahrt werden. Also kommt es jetzt auf die Interpretation an: Den Konzern zu schützen, kann aus Stiftungssicht auch gemeinnützig sein.

(RP)
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