Die großen Allianzen der Autobauer

Der Genfer Autosalon zeigt: Bahnbrechende Neuerungen, die den Händlern neue Kundschaft in die Arme treiben, hat die Branche derzeit kaum zu bieten. Wo der Absatz stagniert, müssen die Kosten runter: Unter den Motorhauben verbirgt sich inzwischen so manches Zweckbündnis.

Genf Das übliche Kraftstrotzen bleibt in diesem Jahr aus: Kurz vor dem Genfer Autosalon (8. bis 18. März) hält sich die Branche auffallend zurück – gemessen an dem Getöse, mit dem sie solche Automessen sonst gerne begleitet.

Vielleicht, weil in Genf diesmal der thematische Leitfaden fehlt: Drei Jahre lang musste dafür auf sämtlichen Messen von Detroit bis Frankfurt das Elektroauto herhalten. In Genf parken die alternativen Antriebe nun erstmals wieder in der Nische. Außerdem schleicht sich in die Chefetagen der Branche in diesen Tagen eine große Unsicherheit: Die Manager ahnen, dass sie ihre Rekordergebnisse vom vergangenen Jahr in Zeiten der Euro-Krise und dramatisch steigender Ölpreise nicht fortschreiben werden. Also konzentrieren sie sich auf die Kosten und suchen ihr Heil in großformatigen Kooperationen: Einkaufsgemeinschaften, gemeinsam genutzte Bauteile und Vertriebsnetze und sogar identische Auto-Baukästen unter der Haube verschiedener Automarken sind mangels technischer Durchbrüche derzeit ihre wichtigste Waffe im weltweiten Verdrängungswettbewerb.

General Motors/Peugeot PSA Kaum ein Thema wird in Genf hinter den Kulissen mehr diskutiert als die neue Allianz von General Motors (GM) und Peugeot PSA. Vor einer Woche kündigten GM-Chef Dan Akerson und PSA-Chef Philippe Varin an, über einen gemeinsamen Einkauf und den Austausch von Plattformen jährlich 1,5 Milliarden Euro einsparen zu wollen. In vier Jahren wollen sie sogar die Basis für ein weitgehend gemeinsam entwickeltes Auto vorstellen. Während die Mitarbeiter der GM-Tochter Opel neue Werksschließungen befürchten, sehen GM und PSA in dem Deal den Grundstein für die Sanierung ihrer tiefroten Europa-Geschäfte.

General Motors /BMW Zeitgleich schmiedet GM an einer Brennstoffzellen-Kooperation mit BMW: Während Daimler die Alternative zur Elektroauto-Batterie schon in zwei Jahren in Serie produzieren will, hat BMW bei diesem Thema noch wenig zu bieten. GM hingegen hat die Forschung trotz der Insolvenz vor drei Jahren nie eingestellt, braucht für die Vermarktung aber einen Partner mit High-Tech-Image und zahlungskräftiger Stammkundschaft. Ende vergangenen Jahres wurden erste Gespräche bekannt, in Genf rechnet die Branche mit der offiziellen Ankündigung der neuen Partnerschaft.

BMW/Toyota Besiegelt ist seit Ende vergangenen Jahres eine langfristige Zusammenarbeit zwischen BMW und Toyota: "Wir müssen die europäischen Autokunden besser verstehen und haben große Erwartungen in Europa", sagte Toyota-Chef Akio Toyoda auf der Tokio Motor Show. Die Japaner wollen mit BMW ihre Schwäche bei Diesel-Antrieben ausgleichen. BMW wiederum zieht mit Toyota den Weltmarktführer im Bereich der Hybrid-Technologie an Land: Seit der ersten Generation des Prius hat Toyota weltweit immerhin 3,4 Millionen Autos mit kombiniertem Verbrennungs- und Elektromotor verkauft.

VW/MAN In der Pkw-Sparte ist VW mit über sieben Marken (mit Porsche sind es bald acht) groß genug, um aus eigener Kraft Synergien zu heben. Im Lkw-Bereich sieht das anders aus: Nach der verpatzten Kooperation mit der schwedischen Scania übernahm VW 2011 die Mehrheit am Wettbewerber MAN. Gemeinsam wollen VW und MAN bis 2020 am Rivalen Daimler vorbei an die Weltspitze der schweren Lastwagen vorstoßen. Mit Audi-Einkaufsvorstand Ulf Berkenhagen hat VW-Patriarch Ferdinand Piëch schon seinen wichtigsten Experten für Kostensenkungen in den MAN-Vorstand entsandt.

Daimler/Renault Nach den gescheiterten Kooperationen mit Mitsubishi und mit Chrysler setzt Daimler seit zwei Jahren auf Renault-Nissan. Die Nissan-Marke Infiniti will zum Beispiel die Plattform der Mercedes-A-Klasse nutzen. Während Nissan von Daimlers Premiumkompetenz profitiert, braucht Daimler die Kleinwagen-Kompetenz von Renault und Nissan, um in diesem Segment mehr als nur den Smart anbieten zu können. Kleinwagen gelten als Schlüssel für die Volumenmärkte in China und Indien, auf denen Daimler bislang nur mit schweren Mercedes-Karossen punkten kann.

Fiat/Chrysler Die Mehrheit an dem US-Hersteller hat Fiat 2009 übernommen. Aber auch zusammen kommen Fiat und Chrysler nur auf vier Millionen verkaufte Autos. Viel zu wenig: VW hat im vergangenen Jahr doppelt so viele Pkw verkauft. Deshalb ist Fiat-Chef Sergio Marchionne auf der Suche nach weiteren Kooperationspartnern – und versuchte sich bereits vergeblich an der Übernahme von Opel.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort