Paris Die Franzosen sind für eine europäische Armee

Paris · Dass es schon bald ein gemeinsames Militär geben wird, glauben aber nur wenige. Vor allem Deutschland gilt als Bremser.

 Der deutsche General Holger Kammerhoff salutiert an der Spitze einer Abordnung des Eurocorps auf der Militär­parade zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli 2003 auf den Pariser Champs-Elysées.

Der deutsche General Holger Kammerhoff salutiert an der Spitze einer Abordnung des Eurocorps auf der Militär­parade zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli 2003 auf den Pariser Champs-Elysées.

Foto: AFP PHOTO / GABRIEL BOUYSS/JEAN-PIERRE MULLER

Soll es eine europäische Armee geben? Wenn es nach der Mehrheit der Franzosen geht, stünde dem nichts im Wege. Das hat eine Umfrage im Auftrag des französischen Institutes für internationale Beziehungen und Strategien ergeben. 62 Prozent der Befragten wollen sie. Noch deutlicher ist das Ergebnis bei der Frage nach einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die von 75 Prozent unterstützt wird. Allerdings: Während bei den Sozialisten oder der Präsidentenpartei La République en Marche die Zustimmung für eine europäische Armee deutlich über 70 Prozent liegt, wird sie im extremen rechten Spektrum etwa um die Populistin Marine Le Pen abgelehnt.

Allerdings sind die Franzosen Realisten. Gaël Sliman, Direktor des Umfrageinstitutes Odoxa, sagt, dass 60 Prozent der Befragten nicht glauben, dass diese Idee in den nächsten 15 Jahren umgesetzt wird. In diesem Zusammenhang wird in Frankreich immer wieder Deutschland als Bremser ausgemacht. Berlin habe sich über Jahrzehnte daran gewöhnt, unter dem Schirm der Nato und damit im Schutz der USA zu leben.

Diese Haltung stößt in Frankreich auf einiges Unverständnis. Präsident Emmanuel Macron hat seit seinem Amtsantritt immer wieder darauf hingewiesen, dass Europa in der Verteidigungspolitik unabhängiger vom großen Nato-Partner USA werden müsse. „Europa kann seine Sicherheit nicht mehr allein den Vereinigten Staaten anvertrauen“, sagte Macron dazu im vergangenen Sommer in einer Grundsatzrede vor französischen Diplomaten in Paris. Die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik müsse deshalb grundlegend überprüft werden.

Macron forderte, der gegenseitigen Beistandspflicht der EU-Partner „mehr Substanz“ zu geben. Im Artikel 42 des EU-Vertrags heißt es: „Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitglied­staats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung.“ Hintergrund für das Drängen Frankreichs ist auch der Kurs der USA unter Präsident Donald Trump. Dieser hatte mehrfach Zweifel geweckt, ob er im Fall eines Angriffs auf ein Nato-Mitglied zum Beistandsprinzip der Nordatlantik-Allianz steht.

Die Idee einer länderübergreifenden europäischen Armee wird immer wieder diskutiert. Kanzler Helmut Kohl sprach schon 1991 darüber. Als der damalige französische Premier Alain Juppé im Jahr 1996 das Thema ansprach, bekam er Zuspruch aus Deutschland. Und im Jahr 2015 war es Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst, die zusammen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für eine länderübergreifende Armee trommelte.

Von der EU wird immer wieder darauf verwiesen, dass man bereits viele Schritte unternommen habe, um die eigene Sicherheits- und Verteidigungsarchitektur zu stärken. Als Beispiele angeführt werden die Militärkooperation Pesco, der Aufbau eines europäischen Verteidigungsfonds sowie die neue Kommandozentrale für EU-Auslandseinsätze.

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