Detroit Die Automesse im Schatten von Trump

Detroit · Für die Hersteller, auch die deutschen, ist Mexiko zum wichtigen Produktionsstandort geworden. Seit der US-Wahl bangt die Branche.

Detroit: Die Automesse im Schatten von Trump
Foto: Ferl

Die US-Stadt hat als Messeplatz an Glanz verloren. Dennoch ist die diesjährige Motor Show in Detroit ein Hingucker. Gerade die deutschen Hersteller geben sich einen US-patriotischen Anstrich, stellen sich also als gute Amerikaner dar. Die Botschaft: Die Interessen von Daimler & Co. zu beschädigen, hieße, auch amerikanische Interessen zu beschädigen. Es ist die Angst vor den freihandelsfeindlichen Ansichten des künftigen Präsidenten Donald Trump, der sie umtreibt.

Wacker versuchte der Präsident des deutschen und des Weltautomobilverbandes, Matthias Wissmann, in Detroit die alten Positionen der Branche aufrecht zu erhalten. "Wir gehen davon aus, dass sich die neue Regierung das Ziel setzt, die US-Industrie zu stärken", sagte Wissmann. "Es wäre sicher klug, alles zu tun, den Schwung des Nafta-Raums beizubehalten".

Das war ein Hinweis auf den Autostandort Mexiko. Der hat über den Freihandelsvertrag mit den USA und Kanada, dem 1994 in Kraft getretenen Nafta-Abkommen, auch für die deutschen Hersteller enorm an Bedeutung gewonnen. Das Land ist auf dem Weg, das viertgrößte Herstellungsland für die deutsche Autoindustrie zu sein - nach Deutschland, China und den USA. Wo die dort gefertigten Waren hingehen, ist klar: 80 Prozent der mexikanischen Gesamtausfuhren werden mit den USA abgewickelt.

Derzeit investiert Daimler in Mexiko zusammen mit Renault-Nissan fast eine Milliarde Euro in ein Werk in Aguascalientes. Noch 2017 sollen dort die ersten Autos der A-Klasse vom Band laufen. Audi fertigt seit September den Geländewagen Q5 für den Weltmarkt in Mexiko. Die Mutter VW baut dort "seit mehr als 50 Jahren Fahrzeuge und Motoren für die Weltmärkte", wie VW mitteilte. Neuestes Projekt, das als Premiere in Detroit zu sehen ist: Die Langversion des Geländewagens Tiguan, für den VW eine Milliarde Dollar in sein Werk in Puebla investiert hat. Wichtiger Zielmarkt: USA. Auch BMW will von 2019 an Autos in Mexiko bauen und von dort natürlich auch exportieren.

Möglich, dass BMW seine Pläne im Lichte der Trump'schen Außenhandelspolitik verschiebt, gar aufgibt. Trump hatte immerhin General Motors, Ford und zuletzt auch Toyota mit Nachrichten über das Netzwerk Twitter angehalten, statt in Mexiko in den USA zu investieren - ansonsten drohen Einfuhrzölle.

Da Trump mit GM und Ford auch US-Unternehmen angegangen ist, dürfte der US-Patriotismus deutscher Hersteller ihn wenig beeindrucken. "Wir sind als Arbeitgeber und Exporteur fester Bestandteil der Wirtschaft und Öffentlichkeit in den USA", teilte Daimler mit. VW versuchte, vom Produktionsstandort Mexiko für den XL-Tiguan ein wenig abzulenken, indem die Wolfsburger auf den in Detroit ebenfalls als Neuheit gezeigten "Atlas" hinwiesen, ein noch größerer SUV, natürlich benzingetrieben: "Ein Auto aus den USA für die USA." Der wird im einzigen US-Werk von VW gebaut, in Chattanooga.

Experten bleiben skeptisch: "Man muss schon sehen, dass die Branche in eine protektionistische Spur hineinfährt", sagt Stefan Bratzel, Leiter des Bergisch-Gladbacher Center of Automotive Management. Zwar gebe es schon länger eine Tendenz, Autos in den Regionen zu bauen, in den sie auch verkauft werden. Aber mit Trump verenge sich das womöglich von Regionen auf einzelne Länder. Zwar sei es noch nicht so weit, aber "insgesamt wäre die Tendenz zu mehr Protektionismus eine Katastrophe" für die deutsche Wirtschaft. Ähnlich sieht das Jürgen Pieper, Analyst beim Bankhaus Metzler: "Die neue Regierung stellt eher eine gewisse Bedrohung dar für die deutsche Autoindustrie."

Die Betroffenen wollen einstweilen kein Öl ins Feuer gießen. Daimler-Vorstand Dieter Zetsche sagte zu Trumps Politik gegenüber den deutschen Autobauern, noch lägen keine Fakten vor. Sein Unternehmen warte erst einmal die Amtsübernahme ab. "Dann ist das Ziel, bestmöglich zusammenzuarbeiten." VW-Markenvorstand Herbert Diess bekannte, VW habe das Übergangsteam von Trump erreichen wollen, das sei aber bislang nicht gelungen. So ließ Diess sicher auch mit Blick auf Trump noch offen, wo VW künftig Elektroautos für den amerikanischen Markt bauen werde.

(RP)
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