Deutscher soll Blackberry retten

Waterloo/Bochum Unangenehmer kann ein Manager zum Aufstieg nicht abgewatscht werden. "Thorsten wer?", höhnte das Wall Street Journal, nachdem der kanadische Handy-Konzern RIM gestern den bisher völlig unbekannten früheren Siemens-Manager Thorsten Heins zum Vorstandschef ernannt hatte. Die Aktie sackte um fünf Prozent ab, nachdem sie seit 2009 schon 80 Prozent verloren hatte. Und die bekannte Branchenexpertin Carolina Milanesi warnte vor weiterem Abstieg: Der Austausch der Führungsspitze alleine löse keine Probleme.

Tatsächlich steht dem 54-jährigen Heins ein Sanierungsjob bevor – und ob RIM am Ende untergeht wie die früher von Heims mitgeführte Handy-Sparte von Siemens bleibt abzuwarten.

Galt der Blackberry vor fünf Jahren als eines der wichtigsten Statussymbole einer Führungskraft, liegen nun Apples iPhone sowie Smartphones mit dem Betriebssystem Android von Google vorne. 2011 sank der Marktanteil der Blackberrys am Smart-Phone-Markt von 15 Prozent auf elf Prozent – früher waren es 30 Prozent.

Ob Heins der Richtige ist, um die Wende zu schaffen, ist unsicher. Bisher war der mit seiner Familie an den RIM-Sitz Waterloo umgezogene Physiker bei RIM nur für das interne Management tätig – ein tagelanger Ausfall von Servern im Herbst war aber eine Katastrophe. Der Start neuer Blackberrys zum Weihnachtsgeschäft musste verschoben werden – auch ein Fiasko.

Jetzt setzt Outdoorfan Heins auf besseres Marketing, um aufzuholen. Er verweist darauf, dass RIM bei Geschäftskunden noch immer sehr beliebt ist und in Teilen Asiens sogar Marktführer.

RIM droht aber in einem Zwei-Frontenkrieg zerrieben zu werden: Einerseits versucht der erst 27 Jahre alte Konzern auch beim Geschäft mit Tablet-PC mitzumischen – dabei wurde bisher aber nur Geld verbrannt. Apple und Samsung liegen fast uneinholbar vorne.

Andererseits will RIM neben Geschäftskunden auch den privaten Markt ansprechen – doch der Trend läuft umgekehrt. Weil professionelle Nutzer ihre Geräte immer mehr auch privat nutzen, spielt die noch immer exzellente E-Mail-Funktion des Blackberry eine immer kleinere Rolle. Immer wichtiger wird dagegen die Breite des sogenannten "App"-Angebotes von Mini-Programmen. "RIM muss eine große Herausforderung bewältigen", warnt Roman Friedrich von der Strategieberatung Booz & Company, "während Apple und Android rund um ihre Betriebssysteme breite Ökosysteme von Anwendungen aufgebaut haben, muss RIM da ebenso wie das neue Bündnis Nokia/Microsoft mächtig aufholen."

Die Krise von RIM hat 2000 der rund 18 000 Mitarbeiter ihren Job gekostet. Es könnten noch mehr werden. Auch in Bochum muss man sich Sorgen machen. Die dortigen 300 Mitarbeiter im Entwicklungszentrum lobte Heins gestern zwar ausdrücklich: "Bochum ist wichtiger Standort für uns." Eine Jobgarantie war das aber nicht.

(RP)
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