Neue Studie Deutsche Männer setzen auf Karriere, Osteuropäer auf Familie

Berlin · Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eines der Top-Themen in der deutschen Politik. Aber wie stehen Männer und Frauen hierzulande eigentlich dazu? Und wie sieht es im Vergleich in den neuen EU-Mitgliedsstaaten aus? Eine Studie hat das untersucht und kommt zu dem Ergebnis: Die Familie ist für osteuropäische Männer viel wichtiger als für deutsche.

 Nur elf Prozent der deutschen Männer würden laut der Studie für die Familie auf ihre Karriere verzichten.

Nur elf Prozent der deutschen Männer würden laut der Studie für die Familie auf ihre Karriere verzichten.

Foto: Frank Leonhardt

Wie sich der EU-Beitritt auf die Berufswege der Frauen in Ost- und Südeuropa ausgewirkt hat, das wollte das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte in seiner Studie herausfinden. Dazu wurden Männer und Frauen der mittleren und oberen Führungsebene in den zehn neuen EU-Beitrittsländern befragt. Gegenübergestellt wurden die Ergebnisse einer Befragung in Deutschland. Ob die Ergebnisse aber tatsächlich im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt zu sehen sind, lässt sich kaum ablesen.

Die Studie, aus der die Zeitung "Die Welt" zitiert, zeigt insbesondere, dass den deutschen Männern ihre Karriere weitaus wichtiger ist als ihren Geschlechtsgenossen in Osteuropa. Demnach seien hierzulande nur elf Prozent der Befragten bereit, zugunsten der Familie auf die Karriere zu verzichten. In den jüngeren EU-Mitgliedsstaaten dagegen würden im Schnitt 85 Prozent der befragten Männer der Familie den Vorzug geben, wenn sie sich zwischen beidem entscheiden müssten.

"Frauen aus Estland dürfen sich in diesem Zusammenhang besonders glücklich schätzen", sagt Barbara Zibret, Deloitte-Partner in Slowenien. Dort hätte jeder einzelne befragte Mann gesagt, dass er nicht bereit wäre, für die Karriere auf Familie zu verzichten. Und in Ungarn und Polen würden zwei Drittel der Männer zugunsten der Karriere ihrer Frau kürzer treten. Auch bei den Frauen gibt es ähnliche Ergebnisse.

Deutsche Frauen beruflich sehr ehrgeizig

"Wir haben festgestellt, dass deutsche Frauen im Vergleich zu den Nachbarinnen in Ost- und Zentraleuropa beruflich sehr ehrgeizig sind", zitiert "Die Welt" die Slowenin Zibret. Demnach haben sich nur 13 Prozent der Frauen hierzulande bereit erklärt, den eigenen beruflichen Weg zugunsten des Partners aufzugeben.

In Tschechien dagegen könnten sich 82 Prozent der befragten Frauen vorstellen, für ihren Partner beruflich kürzer zu treten. Das sehe die Mehrheit der Frauen in Ungarn, Lettland, Polen und Slowenien genauso.

Die Studienmacher haben sich aber nicht nur mit dem Thema Beruf und Familie beschäftigt, sondern sich auch die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen in den befragten Ländern einmal näher angeschaut. Eine Erkenntnis: Deutschland geht es wirtschaftlich gut, doch bei der Bezahlung von Männern und Frauen hinken sie manchem osteuropäischem Land hinterher.

So verdienten Frauen in der Bundesrepublik im Schnitt 22,4 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. In der Slowakei und in Ungarn ist der Unterschied mit 21,5 beziehungsweise 20,1 Prozent nur gering. Besser haben es da schon die Lettinen getroffen: In dem Land verdienen Frauen im Schnitt 13,8 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Doch es geht noch besser.

Sloweninnen mit geringsten Gehaltsunterschieden

Am besten stehen laut der Studie die Sloweninnen da, denn bei ihnen beträgt der Unterschied zum Gehalt der Männer gerade einmal 2,5 Prozent. Auch in Polen ist der Abstand zwischen den Geschlechtern bei der Bezahlung mit 6,4 Prozent gering. "In Deutschland arbeiten 45 Prozent der Frauen in Teilzeitjobs, das ist einer der wesentlichen Gründe für die großen Unterschiede beim Gehalt und der geringen Präsenz in der Führungsebene", so Zibret in der "Welt".

Dennoch arbeiten in Deutschland mehr Frauen als in den jüngeren EU-Ländern. 68 Prozent gehen hierzulande einer Tätigkeit nach. 2004 waren es noch zehn Prozent weniger. Zum Vergleich: In Estland arbeiten 65 Prozent der Frauen, in Lettland 62 Prozent und in Slowenien 61 Prozent. Schlusslicht, so heißt es, ist Malta, wo weniger als die Hälfte der Frauen einen Job hat.

(das)
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