Frankfurt Deutsche Bank: 10.000 Jobs in Gefahr

Frankfurt · Laut "Wall Street Journal" plant das Unternehmen auf seinem Sparkurs noch einmal einen massiven Stellenabbau. Bei der Hauptversammlung heute erwarten die Aktionäre Aufklärung über den künftigen Weg der größten deutschen Bank.

Der Personalabbau bei der Deutschen Bank ist noch lange nicht zu Ende. Wenn das Unternehmen tatsächlich bis 2019 rund 10.000 Arbeitsplätze streichen würde, dann wäre das jede zehnte Stelle weltweit. Die Bank hat den Bericht des "Wall Street Journal" zwar nicht bestätigt. Allerdings hatte der neue Chef der Bank, Christian Sewing, bei der Vorlage der Quartalsbilanz einen Sparkurs angekündigt, der mit einem "spürbaren" Stellenabbau verbunden sein werde: "Diese Einschnitte sind schmerzlich, aber leider unvermeidlich, wenn unsere Bank dauerhaft wettbewerbsfähig bleiben soll", hatte er damals gesagt.

Die Deutsche Bank hat in den vergangenen Jahren anders als ihre Wettbewerber die Zahl ihrer Mitarbeiter um ein Viertel aufgestockt. Das lag vor allem an der Übernahme der Postbank. Doch weil die Manager der Bank in den letzten Jahren immer wieder ihre Strategie änderten, wirkte das Geldhaus wie gelähmt; es flossen zu wenig Erträge. Andere Banken wie die britische Barclays zählen nur noch 59 Prozent der Stellen, die sie 2007 hatten, die italienische Unicredit nur 54 Prozent. "Die meisten Banken kommen mit der Hälfte der Angestellten aus", hatte schon Sewings Vorgänger John Cryan vor Monaten mit Blick auf die 97.000 Mitarbeiter der Bank gesagt.

Ob Sewing heute bei der Hauptversammlung Details zu diesen Plänen nennen wird, dürfte die Aktionäre brennend interessieren. Bisher hatte er seine Strategie nur grob umrissen. Das Investmentbankgeschäft in Amerika soll zurückgefahren werden, das Geldhaus will sich auf Deutschland und Europa konzentrieren, aus dem Aktienhandel will sich das Institut zum Teil zurückziehen, vor allem in den USA. Denn da waren zuletzt die Erträge weggebrochen. Der Finanznachrichtenagentur "Bloomberg" zufolge soll auch in Zentraleuropa, dem Nahen Osten und Afrika das Geschäft zurückgefahren werden. Wo die Deutsche Bank künftig Erträge erwirtschaften will, darüber müsste Sewing etwas sagen.

Wie schlecht es um das Institut steht, lässt sich am Aktienkurs ablesen. Der sank vor der Hauptversammlung auf weniger als elf Euro. Zu Hochzeiten war eine Aktie 108 Euro wert, das war vor gerade einmal elf Jahren. In der Zeit hat sich der Wert also um etwa 90 Prozent verringert. Das dürfte die anreisenden Aktionäre wurmen. Auch die sehr magere Dividende von elf Cent je Aktie ist kein Trost.

Auf kritische Fragen muss sich wohl auch der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner gefasst machen. Dessen Verhalten beim Chefwechsel Anfang April findet Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz "unprofessionell". Wochenlang war über das bevorstehende Karriereende von John Cryan bei der Deutschen Bank spekuliert worden, obwohl der zumindest einen guten Job beim Abbau der Altlasten gemacht hatte. Dann ließ Achleitner quasi im Handstreich am zweiten April-Wochenende Sewing vom Kontrollgremium installieren - wohl wissend, dass dies seine letzte Chance sein würde, als Aufsichtsratschef zu bestehen. Die häufigen Abgänge von Vorständen ließen Fragen aufkommen, ob es Defizite beim Auswahlprozess gebe, kritisiert etwa Hans-Christoph Hirt, Chef des Aktionärsberaters Hermes.

Um seinen Job wird Achleitner, dessen Vertrag als Chefkontrolleur noch vier Jahre läuft, auf der Hauptversammlung dennoch nicht fürchten müssen. Er hat die Rückendeckung der großen Aktionäre, also des Emirats Katar, des chinesischen Mischkonzerns HNA und der Fondsgesellschaft Blackrock als auch die des Aktionärsberaters ISS. Hans-Christoph Hirt von Hermes empfiehlt jedoch, der Nominierungsausschuss solle damit beginnen, die Nachfolge Achleitners zu prüfen. Das wäre ein Anfang.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort