Traditionelles Gebäck Auch der Weckmann wird teurer – das sind die Gründe

Hilden/Neuss · Seit Mitte Oktober liegt das traditionelle Gebäck in den Auslagen der Bäckereien – wie jedes Jahr vor Sankt Martin. Nur eins ist anders: Der Preis. Dafür gibt es verschiedene Gründe.

 Die Preise für Weckmänner sind gestiegen.

Die Preise für Weckmänner sind gestiegen.

Foto: Andreas Gruhn

Mit einer Tonpfeife im Arm liegen sie da, die traditionellen Weckmänner. Goldbraun oder mit Mandeln gespickt, süßlich duftend und zuckrig glänzend. Eigentlich ist alles wie immer in den Auslagen der nordrhein-westfälischen Bäckereien. Seit Mitte Oktober bieten die meisten das traditionelle Gebäck an, das zu Sankt Martin am 11. November der Kassenschlager ist. Wären da nicht die Preisschilder: Kostete ein Weckmann vor einem Jahr noch rund zwei Euro, sind es heute fünf bis 20 Prozent mehr.

Das kommt ganz darauf an, zu welcher Bäckerei man geht. „Wir können nicht pauschal sagen, wie viel teurer Weckmänner geworden sind“, sagt ein Sprecher vom Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks (BIV) unserer Redaktion. Das entscheide jede Bäckerei selbst. Fakt sei aber: Alle hätten mit steigenden Kosten zu kämpfen. Die Rohstoffpreise seien um rund 40 Prozent gestiegen, die Personalkosten um knapp vier Prozent. Das liegt daran, dass der Mindestlohn am 1. Oktober auf zwölf Euro pro Stunde angehoben wurde. Bäckereien, die mit vielen Aushilfen arbeiten, trifft das besonders. Zusätzlich soll es im kommenden Jahr eine Lohnerhöhung für die Angestellten geben. In welcher Höhe ist noch unklar, die Tarifverhandlungen laufen. „Das begrüßen unsere 600 Mitglieder überweigend auch, denn unsere Beschäftigten haben in jedem Fall mehr Geld verdient“, sagt der Sprecher. Mehr zu schaffen machten ihnen die gestiegenen Energiekosten, die ebenfalls auf die Weckmannpreise einwirken. Viele Bäckereien könnten diese noch nicht beziffern, aber greifen Gas- und Strompreisbremse so, wie es bislang geplant ist, seien sie im kommenden Jahr laut des BIV-Sprechers doppelt bis dreifach so hoch.

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Rechne man alle Produkte zusammen, sei der Durchschnittswarenkorb eines Bäckers 20 Prozent teurer als noch im Vorjahr. Die Inflation im Brot- und Backwarenbereich liege laut des BIV deutlich höher als die allgemeine Inflation. Und das bekommen die Bäckereien deutlich zu spüren. Sie leiden darunter, dass die Kunden seltener zu ihnen kommen. „Ging der Durchschnittsdeutsche vor einem Jahr noch rund drei Mal in der Woche zum Bäcker, kommt er jetzt einmal weniger und kauft zusätzlich das billigere Brot aus dem Discounter“, sagt der Sprecher.  

Trotzdem ist die Nachfrage nach Weckmännern ungebrochen groß. Das berichten zumindest Bäcker aus Hilden, Neuss und Köln. „Nach zwei Jahren Pause bestellen die Martinsvereine bei uns wieder in rauen Mengen für die Umzüge am 11. November“, sagt Birgit Neisser, die mit ihrem Bruder Thomas Puppe die Bäckerei Puppe mit Filialen in Neuss, Düsseldorf, Meerbusch und Kaarst führt. Schulen und Kindertagesstätten veranstalteten wieder das traditionelle Martinsfrühstück und bestellten extra-große Weckmänner, die zum Teilen einladen. Wie es Sankt Martin mit seinem Mantel gemacht hat. Neisser und ihr Bruder haben den Preis für den mittleren Butterweckmann mit Tonpfeife um sechs Prozent auf 2,65 Euro angehoben. „Das liegt vor allem an den Preissteigerungen bei den Rohstoffen, aber auch daran, dass meine Personalkosten um fünf Prozent gestiegen sind“, sagt Neisser. Denn nicht nur der Mindestlohn wurde angehoben – Neisser hat auch das Gehalt ihrer Beschäftigten im September flächendeckend erhöht. So wolle sie dem Fachkräftemangel entgegenwirken, unter dem die Bäckereien zusätzlich ächzen. Die steigenden Energiekosten seien aber noch nicht mit in die Preisanpassung des Weckmanns eingeflossen, da das Unternehmen noch in einem alten Vertrag stecke.  

Die Bäckerei Schüren aus Hilden gibt dagegen an, dass ihre Energiepreise um das Vier- bis Fünffache gestiegen seien. „Grundsätzlich ist für uns als Handwerksbäckerei die Herstellung der Weckmänner eigentlich betriebswirtschaftlich kaum noch abbildbar“, sagt Kathleen Graf, Assistentin der Geschäftsleitung, unserer Redaktion. Schüren habe die Preise dennoch nur moderat angepasst: Die handgeformten Bio-Weckmänner seien rund 3,5 Prozent teurer geworden. Ein einfacher kostet jetzt 2,80 Euro, mit Mandeln 3,80 Euro und die Dinkel-Variante 3,25 Euro. Und das bei einer Preissteigerung von 40 Prozent bei Butter, elf Prozent bei Milch, zehn Prozent bei Weizen und acht Prozent bei Eiern und Rohrzucker – alles in Bio-Qualität.  

Auch Bäckermeister Magnus Newrzella hat versucht, einen möglichst kleinen Teil seiner Kostensteigerungen an die Verbraucher weiterzugeben. Er verlangt mit 2,10 Euro fünf Prozent mehr für seine Weckmänner als 2021. „Das ist ein Kompromiss“, sagt er. „Denn ich kann die Kunden ja sehr gut verstehen. Die haben auch alle mit den Krisen dieser Welt zu kämpfen.“  

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