Frankfurt Der neue Auftritt der Deutschen Bank

Frankfurt · Unzählige Male ist die Deutsche Bank bereits dafür kritisiert worden, wie viele Rechtsstreitigkeiten aus vergangenen Jahren sie mit sich herumschleppt. In Aktionärskreisen machte das Bonmot von einer Rechtsabteilung mit angeschlossener Bank die Runde; immer wieder kamen Gerüchte auf, die größte deutsche Bank könne die Belastungen mit Blick auf die künftigen Kapitalanforderungen nicht ohne eine Finanzspritze durch die Aktionäre stemmen. An einer Baustelle ist nun aber das Ende endgültig in Sicht. Die Einigung mit der US-Justiz im Streit um die umstrittene Hypothekengeschäfte des Unternehmens in den Vereinigten Staaten kostet den Konzern wie erwartet 7,2 Milliarden Dollar (rund 6,75 Milliarden Euro), etwa 3,1 Milliarden Dollar davon als Strafe, der Rest als Erleichterung für Kreditkunden in den USA.

Die Geldbuße werde das Ergebnis der Bank für das vierte Quartal des vergangenen Jahres mit rund 1,2 Milliarden Dollar belasten, teilte Vorstandschef John Cryan gestern mit. Die Bank will ihre Zahlen für 2016 am 2. Februar präsentieren. "Die Kohle zerrinnt der Bank zwischen den Fingern", sagte Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Das sei besorgniserregend, urteilt er.

Aber: Aktionäre hatten lange Zeit befürchtet, die Deutsche Bank werde eine mögliche Strafe nicht ohne Kapitalerhöhung bezahlen können. Damit rechnet Christoph Schalast von der Frankfurt School jetzt nicht mehr. Die Bank habe so verhandelt, dass sie den Betrag aus eigener Kraft stemmen könne. Eine weitere Verwässerung des Aktienkurses, der seit zehn Jahren etwa vier Fünftel an Wert verloren hat, habe sie wahrscheinlich vermeiden wollen. Allerdings mahnt Klaus Nieding nun deutliche Informationen des Deutsche-Bank-Chefs zur Strategie an: Vergangenheitsbewältigung sei wichtig, aber der Vorstand müsse nun seine Vision für die Zukunft des Unternehmens präsentieren. Nur dann könnten Aktionäre besser abschätzen, wieviel ihnen die Aktie der Deutschen Bank wert sei.

Die Einigung mit den Behörden ist ein Teil des neuen Auftritts, den sich die Deutsche Bank verordnet hat. Ein anderer: Das Unternehmen streicht die Boni der verantwortlichen Mitarbeiter kräftig zusammen. Ein Viertel der insgesamt 100.000 Mitarbeiter des Geldhauses muss auf seine individuelle "variable Vergütung" für das vergangene Jahr verzichten.

"Nun, da wir unser Jahresergebnis und die Belastungen aus dem Vergleich mit dem US-Justizministerium besser absehen können, halten wir harte Maßnahmen für unumgänglich", schreiben Cryan und seine Vorstandskollegen in einem Brief an die Mitarbeiter. Das gelte gerade in Zeiten, in denen Tausende Arbeitsplätze wegfielen und die Aktionäre keine Dividende erhielten. Die elf Vorstandsmitglieder unter Führung von John Cryan verzichten zudem freiwillig auf ihren Bonus. Schon im vergangenen Jahr waren sie leer ausgegangen, damals aber hatte der Aufsichtsrat ihnen die Boni gestrichen.

Die variable Vergütung werde "deutlich" reduziert, schrieb der Vorstand weiter. Analysten zufolge dürften für das vergangene Jahr 700 Millionen bis 800 Millionen Euro weniger ausgezahlt werden als für 2015; damals waren 2,4 Milliarden Euro an Boni geflossen. In Einzelfällen könnten diese um bis zu 90 Prozent gekürzt werden, hatte der "Spiegel" vorab berichtet. Das wollte die Deutsche Bank aber nicht bestätigen. Betroffen sind die oberen Führungsebenen mit den Titeln "Vice President", "Director" und "Managing Director". Erstmals dürften damit auch Investmentbanker auf ihre individuellen Boni verzichten müssen. Allerdings hatte die Bank deren Fixgehälter kräftig erhöht und damit einen Ausgleich geschaffen.

"Die Deutsche Bank ist in einer schwachen Situation", meint Bankenexperte Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management, "in vielen anderen Häusern werden Boni gezahlt, sie muss deshalb versuchen, den 'brain drain' (Abgang von Mitarbeitern, d. Red.) möglichst zu begrenzen." Zu viele erfahrene Mitarbeiter möchte die Bank nicht an die Konkurrenz verlieren. Die Kürzung der Boni komme nicht überraschend, urteilt auch Ingo Speich, Fondsmanager von Union Investment: "Sie ist ein notwendiger Schritt zur langfristigen Gesundung der Deutschen Bank, genau wie die Streichung der Dividende für die Aktionäre. Nur so kann die Bank die strengen regulatorischen Auflagen erfüllen."

(RP)
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